Kleine Mitteilungen .
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Sobald das Ankleiden und Vermummen vollendet ist , begiebt sich die ganze Schar , denn es sind ihrer meist über 15—20 Köpfe , ins Freie und es beginnt der Zug , der durch einen Höllenlärm , durch Singen , Juchzen , Schreien , Pfeifen , Läuten , Schellen , Rasseln , weithin , ja durchs ganze Thal vernehmbar ist . Licht wird nicht mitgenommen .
Mit solchem Lärm und Gepolter wird nun von Haus zu Haus , aber nur in der eigenen Gemeinde^ gezogen und vor dem Hause , wo Kinder sind , Halt gemacht ; bei allen Penstern hineingebrüllt und hineingesungen , bis endlich der Anführer Ruhe gebeut . Dieser stellt sich nun zur Hausthüre , pocht einigemale tüchtig an und spricht : „ Vater öffne uns dein Haus , es kommt zu Gast Herr Nikolaus . " Hierauf geht der Hausvater zur Hausthüre und antwortet den draussen Befindlichen : „ Seid ihr brav und fein , lass ich euch herein " und öffnet von innen die Thüre .
In der Stube hatte sich längst , sobald man den Zug näher kommen hörte , Gross und Klein , Alt und Jung versammelt und im Kreise um den grossen Tisch enge aneinander gedrückt , insbesondere die Kinder , denen man den ruhigeren winkel einräumt . Aber auch die erwachsenen Töchter , Dirnen oder Dienstboten weiblichen Geschlechtes suchen sich hier Plätze zu erobern , um rückenfrei , d . h . rückensicher zu sein , weil sie sich vor dem „ Gestohlenwerden " zu fürchten haben .
Jetzt wälzt sich der wilde Chor in die Stube , wo der Lärm nochmals von neuem ertönt , bis der Anführer Ruhe schafft .
Da tritt der Herr Nikolaus ( Niglá ) hervor und an den Tisch , schaut nach den Kindern und fragt diese der Reihe nach aus . Die kleineren lässt er das heil . Kreuz machen , andere das Vaterunser beten , oder er stellt Fragen aus dem chismus u . s . w . Ist dies vorbei , so werden die Kinder von seiner Hand mit Nüssen , Äpfeln , Lebkuchen , gedörrten Zwetschken und dergl . beschenkt , dann wünscht er Glück und Segen dem Hause und friedlich gute Nacht und wendet sich zum Gehen .
Ist der Herr Nikolaus zur Stubenthüre hinaus und sind junge Dirnen da , dann hält der Chorus seine Jagd und sucht die eine oder andere zu haschen . Das giebt nun ein Gelächter und eine Schadenfreude , wenn eine richtig erfasst und fortgeschleppt wird . Es geschieht der „ Gestohlenen " auch nichts , als dass sie einige Minuten von den wilden Gesellen — die lauter Bekannte sind — mitgezerrt und dann wieder freigelassen wird ; aber bis dieses geschieht , wenn es auch nur Augenblicke dauert , ist doch die Gestohlene schon überall berusst und angeschwärzt , kommt also wie ein Mohr in den Kreis ihrer Leute zurück , von denen sie mals recht ausgelacht wird , dass sie sich „ nicht besser hat wehren mögen " . Wehrt sich aber eine Dirne recht tapfer , am besten durch gegenseitiges festes Einhängen , so dass sie nicht von dem Kreise getrennt und zur Stube hinausgebracht wird , dann wird das wilde Heer tüchtig verlacht und verhöhnt . Auch lässt der Anführer nicht lange Zeit zum Raube , sondern drängt zum Abzug .
Draussen wird das Hausthor wieder geschlossen und der Zug johlt und jauchzet , schreit und lärmt fort in die dunkle Nacht hinein zum nächsten Hause , wo ein Besuch beabsichtigt und bis die Runde gemacht ist . Dann gehen die Burschen lustig auseinander , und am nächsten Sonntage unterhalten sie sich in der Schenke bei einem Kruge Bier über den Nikolaus - Abend und die dabei gehabten teuer .
Salzburg . Gustav Zeller .