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Roediger :
ein günstiges Zeugnis ausstellen . Die Formen stammten sämtlich aus dem haltischen und gehörten in die Jahre 1571—1863 . — Sodann berichtete Herr lehrer Richard Wossidlo aus Waren über seine Sammelfahrten , deren gebnisse zum Teil in den beiden Bänden der Mecklenburgischen rungen niedergelegt sind , deren oben S . 104 f . und im 7 . Bande unsrer Zeitschrift S . 213 f . rühmend gedacht ist . Angeregt zu seinen Bestrebungen wurde er durch den um die niederdeutsche Sprach - und Geschichtsforschung hochverdienten . 1893 verstorbenen Gymnasialdirektor Karl Ernst Herrn . Krause in Rostock noch auf dem Gymnasium . Dem Studenten spendete ein alter Lehrer in der Rostocker Heide die ersten Beiträge ; ein Rademacher erzählte ihm tagelang und Mitglieder der Familie desselben ergänzten diese Mitteilungen . Bei dem von nun an eifriger betriebenen Sammeln unterstützte ihn Max Dreyer , der Verfasser des daten , und als der Vortragende nach Wismar und Waren übersiedelte , begannen seine systematischen Sammelfahrten , mit denen ihn später der Verein für burgische Geschichte und Altertumskunde beauftragte und wofür die burgischen Regierungen und Landstände als erste in Deutschland Mittel anwiesen . Herr Wossidlo ging nun näher auf die Technik seines Verfahrens ein . Er rühmte die selbstlose Unterstützung seiner Arbeiten nicht nur durch viele Lehrer , sondern auch durch einfache Leute , einen Büdnersohn in der Hagenower Heide , eine Fischerfrau u . s . wt . Es ist nicht leicht , den Leuten das Gewollte begreiflich zu machen und sie zum Reden zu bringen . Mit Segen u . dgl . halten sie oft zurück , aus Furcht vor dem Pastor , denken auch mitunter , dass der Sammler mit der Steuerbehörde in Verbindung stehe . Für einen Klennermaker ( Kalendermacher ) sieht man ihn an , einen Dichter , weil er updikteert ( nach Diktat aufschreibt ) , für einen Naturforscher , und nicht selten wird er bedauert und ihm geraten , sein schäft , das keinen Tagelohn bringt , an den Nagel zu hängen , oder man hält ihn gar für verrückt . Im allgemeinen ist das Volk aber offen und zutraulich , nur muss der Frager die Mundart beherrschen . Altes Sprachgut hat sich am besten im Südwesten Schwerins gehalten . Schwer zu sammeln sind Reime . Einzelne Personen offenbarten eine erstaunliche Gedächtniskraft und nicht selten kommt über die Zuhörer der Erzählungen eine weihevolle Stimmung . — Am Schluss der Sitzung wurde der Vorstand durch Zuruf wiedergewählt .
Am 26 . Januar 1901 beging der Verein die Feier seines zehnjährigen stehens . Um ihre Einrichtung hat sich Herr Fabrikant Sökeland in drossener Arbeit die grössten Verdienste erworben und gütige Spender nahmen der Kasse die Kosten ab . Zu allgemeiner Betrübnis war es dem verehrten sitzenden , Herrn Geheimrat Weinhold , der den Verein von Anbeginn geleitet und liebevoll gehegt hat , um einer Erkrankung willen nicht möglich , dem abend vorzustehen , und der anwesende zweite Vorsitzende , Herr Geheimrat V ircho w , übertrug dies Geschäft dem ersten Schriftführer Prof . Dr . Roediger . Er verlas folgenden Bericht :
Bericht über den Verein für Volkskunde .
1891—1900 .
Yon Karl Weinhold .
Am 23 . Januar 1891 versammelte sich in der Aula des K . Wilhelmsgymnasium zu Berlin eine stattliche Anzahl älterer und jüngerer Männer , auch an Frauen fehlte es nicht ; es war die erste Sitzung des Vereins für Volkskunde , der damit in die Öffentlichkeit trat . Im Sommer 1890 waren rege Verhandlungen zwischen