Beurteilungen .
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auch zuzugeben ist , dass das Wort oder die Redewendung ganz beträchtlich an Anschaulichkeit verloren und an wert gewonnen hat , ein etwas größerer Rest von Anschauung in ihm erhalten bleibt , als Bruchmann annimmt . „ Scher Dich zum Teufel ! " Wir brauchen die Redewendung , ohne an den Teufel zu glauben ; der , den die Weisung trifft , weiß nicht , wohin er gehen soll ; der Befehlende weiß , seiner Aufforderung kann nicht Folge geleistet werden . Aber in den Worten liegt doch wol mehr Anschauung als die vom Gehen . Ich habe in der Jugend vom Teufel gehört , von Mütterchen , in der Küche , in der Religionsstunde ; der Satan der Versuchung ist mir nicht unbekannt . Wie oft habe ich den Teufel abgebildet gesehen , erst in der Arche Noäh , wie er saure Trauben genascht hat und sich in Bauchschmerzen krümmt , dann in biblischen Lesebüchern , in Märchen , auf Michel - Angelos jüngstem Gericht u . s . w . Ich fürchte mich jetzt nicht mehr . vor Hölle und Teufel , und doch , wird der leibhaftige Gottseibeiuns genannt , allein oder in Gesellschaft seiner liebenswürdigen Großmutter , ich glaube doch , eine bestimmte Anschauung zu besitzen , und sie drängt sich mir auf , so oft derselbe heraufbeschworen wird . Für mich also liegt etwas mehr als ein Gefühl der neigung in der Wendung : „ Scher Dich zum Teufel ! " und ich möchte meinen , dass der Dichter doch meist auch nach Anschaulichkeit im Ausdruck strebt . Der Gegensatz Glauben und Wissen deckt sich wol nicht ganz mit dem Gegensatz Gefühl und Anschauung . Der Glaube kann dahin sein , die Botschaft ungenutzt erklingen , die ung mag sich dadurch abschwächen , aber sie braucht doch wol nicht dadurch zu verschwinden . Und wenn ich so über den Grad der Zurückdrängung des Anschaulichen und des Hervortretens des Gefühlswertes im Worte mit mann an einzelnen Stellen seines Werkes rechten möchte , so kann ich auch den Wunsch nicht unterdrücken , es möchte der historische Teil seiner Betrachtung noch mehr , als geschehen ist , auf die einzelnen Wandelungen des Men -
Zeitschrift für Yölkerpsych . und Sprachw . Bd . XIX . 4 . 30