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Jürgen Bona Meyer ,
und Fiel din g gewiss nicht die wüste Unterhaltung , sondern Menschen und Menschenleben , die sie zu ihrer Dichtung brauchten , und selbst im lärmenden Genuss arbeitete ihr emsiger Geist , und gewiss verarbeitete derselbe hernach das Erlebte bei ruhiger Einkehr in sich selbst . Und bei lichen Vergnügungen und bei leichtem gesellschaftlichen kehr mag Walter Scott von menschlicher Natur , wie Beneke treffend bemerkt hat , Manches unverhüllter haben beobachten können , als wenn er bei einsamer Stubenarbeit auf die Suche nach Erlebnissen gegangen wäre ; träumend wird auch er nicht durch die Fluren gewandelt sein , sondern mit offenen Auge um sich blickend und arbeitsam das sehene gestaltend . Die Arbeit des schöpferischen Genies ist nur eine andere als die des gewöhnlichen Tagesarbeiters , aber ohne mühevolle Anstrengung und selbst mechanisch lästige Uebung erreicht auch das Genie das Höchste niemals . Im bloßen Nichtstun und Abwarten auf geniale Einfälle geudet die Kraft . Treffend dichtete Rückert :
Es ist ein wahres Wort : der Künstler wird geboren ,
Doch jede Wahrheit wird Irrtum im Munde der Toren .
Geboren wird mit ihm der Kunsttrieb , nicht die Kunst ; t Die Bildung ist sein Werk , die Anlag' Himmelsgunst .
Auch diese Wahrheit verkennt oftmals das Talent , viel seltener das wahre Genie . »Nur das Ganze wird von der rung erzeugt — sagt einmal J . Paul in seiner Aesthetik — aber die Teile werden von der Ruhe erzogen . « Und ganz vortrefflich lässt Spielhagen in seiner Sturmflut den hauer Justus sagen : »ein fauler Künstler ist eine contradictio in adiecto , ist im besten Falle ein geistreicher Dilettant . Denn was unterscheidet den Künstler vom Dilettanten ? dass der Dilettant will und nicht kann oder Etwas will , was er nicht kann , und der Künstler kann was er will und Nichts will als was er kann . Dazu aber — zu der relativ ständigen Herschaft über die Technik und zum Bewusstsein der Grenzen seiner Kraft — gelangt er eben nur durch unablässigen Fleiß , der für ihn keine besondere Tugend , sondern vielmehr eben er selbst , seine Kunst selber ist .