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0 . Flügel , Das Ich im Leben der Völker .
Freilich hat sich auch eine gesunde Religiosität im Affect oft ähnlich ausgedrückt , z . B . Psalm 73 . 25 , 26 . Wenn ich nur dich habe , so frage ich nichts nach Himmel und Erde , wenn mir gleich Leib und Seele [ d . h . das Ich ] verschmachtet , so bist du doch , Gott , allezeit meines Herzens Trost und mein Teil . Oder Paulus an die Galatei' 2 . 20 : Ich lebe , doch nun nicht ich , sondern Christus lebet in mir . Die nötige Limitation , welche das dictum simpliciter sofort für ein dictum secundum quid nimmt , versteht sich von selbst , unter Ich ist hier , populär gesprochen , das schlechte Ich gemeint , das Ich , von dem es heißt ( Römer 7 , 18 ) : in mir , d . h . in meinem Fleische wohnet nichts Gutes . Dieses Ich soll verschwinden . Nicht Identität des menschlichen Ich mit dem göttlichen ist gemeint , sondern Coriformität und innige Verbindung des erstem mit dem letztern , die unio mystica der Dogmatiker .
Die vorstehenden Auseinandersetzungen hatten nicht den Zweck , den Begriff des Ich zu erörtern weder in theoretischer noch in praktischer Hinsicht , nur einige Andeutungen sollten sie geben , wie die Entwicklung des Ich im Leben der Völker ganz die nämlichen Stadien durchläuft , als das Ich des Individuums .