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( S . 196 § 169 ) hänge von der größeren oder geringeren Mannichfaltigkeit ab , welche zusammenzuhalten und gleichsam sich zu unterwerfen der Einheit gelungen sei ; denn es kommt dabei die Eigenart jenes Mannichfaltigen sehr in Frage . wiefern Musik alle Arten der Bewegung ausdrückt , ist von Siebeck S . 150 f . ausführlich auseinandergesetzt mit Beziehung auf Lotze und Helmholtz . Das Verhältnis liegt also offenbar so , dass die Tonbewegungen in uns die Gefühle erregen , die sonst allerlei Bewegungen in uns wachrufen ; die Erweckung unserer eigenen Bewegungsgefühle wird uns natürlich am meisten interessiren . Die Bewegungen , die das gleiche Gefühl hervorrufen , bilden nach dieser Seite eine Gruppe ; es ist das bei der Apperception tätige Verbindungsmerkmal . Wir befinden uns also hier innerhalb der obenerwähnten dritten Gruppe . Was Siebeck über Phantasie und Idealisirung sagt , S . 96 f . wird der Leser selbst nachlesen ; der Kürze halber füge ich zur Erläuterung des Wesens der Musik noch eine Stelle aus Lotze hinzu S . 235 : Dieses Schöne deutet durch sich selbst nie auf einen einzelnen geformten Bestandteil der wirklichen Welt hin , sondern nur den Wert der meinen Verhältnisse , die in ihrer Formung herschen sollen , stellt es in einem freien Gebilde dar , das an keine einzelne Wirklichkeit ausschließlich , aber gleichzeitig an unzählige innert , vgl . S . 274 . Man wird hier erinnert an Schillers : was sich nie und nirgend hat begeben , das allein veraltet nie .
Dieselben psychischen Processe mit zunehmender Herschaft des Bewusstseins und zunehmendem Reichtum einzelner , wertvoller Züge durch die Plastik , Malerei und Poesie zu folgen scheint nicht notwendig ; was Herbart von einem jeden Gedicht behauptet , dass es durch das gefällt , was man in ihm bekanntes wiederfindet ( Werke X S . 219 ) gilt in dem Sinne für alle Kunst , dass wir uns selbst und den Lauf der Welt in ihr überall finden müssen , wenn sie uns nicht fremd bleiben soll . Je deutlicher und reichhaltiger in uns durch Kunstwerke die Ideen angeregt werden , welche den Kern unseres Wesens bilden , desto höheren Rang nehmen sie ein , die Poesie also den höchsten .