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hinausfällt . Wir werden uns daher darauf beschränken , die Hauptrichtungen , in welchen in der geschichtlichen wicklung des Denkens die hier einschlagenden Fäden bisher angesponnen und nach und nach entwickelt worden sind , nur in soweit kurz zu skizziren , als sie auf die heutige Form der Frage unmittelbaren Bezug haben . Einer solchen schränkteren Aufgabe aber dürfen wir , um der Sache selbst willen , nicht aus dem Wege gehen . Die Gegenwart ist durch die Vergangenheit geschaffen und durch sie in jeder tung bedingt : die Geschichte ist eben die tung der Sache in ihrem folgerechten Fortschritt . Den Boden der historischen Continuität müssen wir daher für unseren eigenen Versuch überall aufzeigen können . Wären wir dies zu tun nicht im Stande , so müsste unser Versuch von vornherein als haltlos und unberechtigt in sich zusammenbrechen . — Wir müssen also zeigen , dass die schichte das heutige Problem genau so geformt hat , wie wir es in knappem Umriss soeben zur Anschauung brachten . Das soll in dem zweiten Artikel geschehen .
Dr . Friedrich Müller , Grundriss der Sprachwissenschaft . I . Band . I . Abteilung : Einleitung in die schaft . II . Abteilung : Die Sprachen der wollhaarigen Rassen . Wien , Alfred Holder , 1876—1877 . 8° .
Unsere Wissenschaft hat seit ihrem ersten Aufblühen einen doppelten Zweck verfolgt . Einmal gilt es ihr , einzelne Sprachen und Sprachsippen genealogisch , d . h . genetisch durch Vergleichung ihrer lautlichen Gestalten , zu begreifen . Zweitens aber soll die menschliche Sprache als solche in ihrem Ursprünge und Wesen , mithin zugleich in ihren sämmt - lichen Möglichkeiten erkannt werden . Es ist dies die philosophische Aufgabe , deren völlige Lösung nur einer die ganze Sprachenwelt umfassenden Kenntnis gelingen wird .