dir platonische Ideen lehre ,
psychologisch entwickelt von
Hermann Eoken , I>r . pliil .
Die platonische Ideenlehre ist eine Entdeckung . Ent deckung nenne ich diejenige Erweiterung des wissenschaftlichen Bewußtseins , welche vermöge einer bedeutsamen apriorischen Eombination den aposteriorischen Wissensstoff nn , gestaltet , und neuen Bahnen der Forschung zugänglich macht . Denn nicht darin allein besteht das Wesen einer Entdeckung , daß sie mittelbar einen Schab an Wahrheit bebt , sondern zugleich und zumeist darin , daß sie neue fruchtbare Quellen der Erkenntnis ; öffnet . Beide Bedingungen treffen in der platonischen Ideen - lchre zusammen . Aus den Irrgängen der Sophistik , in die die nnpsvchologischcn Gedankenkreise der Vorsokratiker ausliefen , führt uns die platonische Ideenlehre auf eine neue , ungekannte Höhe der Speculation , von der wir auf eine lange Reihe tiefer Pro bleme herabschauen . Jede Entdeckung aber , so sehr sie durch den aposteriorischen Wiffensstoff geschichtlich vorbereitet ist , springt doch ihrem letzten Grunde nach aus einer apriorischen Eombination , nur so ist sie — ein psychischer Prozeß . Will man daher eine Entdeckung beschreiben , so genügt eö nicht , sie in geschickter Verbindung der geschichtlichen Bedingungen zu - sam menzureihen , und die neu erstandenen Eedanlen als bloße Verdichtung des alten Wissens zu fassen : große Gedanken den nur dann wahrhaft begriffen , wenn sie psychologisch nach - gewiesen , wenn sie zugleich und wesentlich aus dem Geiste des ^tirschrifl f . Vtlftrpspd' . u . Sprailnv . IV . 27