“27
3) Iendenzen in der bürgerlichen Mexiko-Betrachtung um die Mitte
des 19, Jahrhunderts
a)_Die_Wahrung_des_humanistischen_Erbes_durch_einige_deutsche
Mexiko-Reisende
Um die Mitte des 19. Jahrhunderts bahnte sich eine Neuorien-
tierung in der Erforschung Mexikos und in der Art und Weise
der Darstellung mexikanischer Verhältnisse und Geschichte in
Deutschland an, Vorläufer dieser Entwicklung gab es bereits
vor den Revolutionsereignissen 1848/49 in Deutschland. Bei ei-
nigen Mexiko=-Reisenden lagen die Erfahrungen über "Land und
Leute” ebenfalls in der vorrevolutionären Zeit, doch veröffent-
lichten sie ihre Forschungsergebnisse und Auffassungen erst in
der zweiten Hälfte des Jahrhunderts, Abgesehen davon, ging je-
doch die humanistische Berichterstattung nicht unter: fort-
schrittliche Traditionen pflegend, verfaßten manche Mexiko-
Reisende ihre Berichte, wenn auch unter Beachtung der Auswan-
derungsproblematik,
Insgesamt zeichnete sich jedoch eine deutliche Tendenz der Ver-
flachung des humanistischen bürgerlichen Menschheitsbildes in
Deutschland an den Berichten ab, die für Mexiko in der Zeit
nach Mühlenpforäts "Versuch einer getreuen Schilderung der Re-
publik Mejico.," (1844) erschienen. Entweder wurde die gesell-
schaftliche Gesamtschau immer: oberflächlicher, d.h. sie ent-
behrte jeglicher theoretischer Vertiefung, oder es kam zu ei-
nem ahistorischen Bruch innerhalb der Gesellschaftsbetrachtung
und zu einer entscheidenden Inkonsequenz in der humanistischen
Haltung. Diese Entwicklung vollzog sich unter dem starken Ein-
fluß der erwachenden kolonialen Interessen des deutschen Kapi-
talismus in den fünfziger und sechziger Jahren des 19, Jahr-
hunderts und fand ihren vorläufigen Höhepunkt in. der Mexiko-
Betrachtung des Barons von Müller (1864),