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2) Das _Mexiko=-Bild_des_ deutschen Bürgertums in _der ersten Hälf-
te des 19, Jahrhunderts
a)_Der_Beitrag_deutscher_Reisender
Seit Mexiko 1821 die Unabhängigkeit von Spanien erlangt hatte,
entwickelte sich ein vielseitiger Kontakt mit den Ländern Eu-
ropas, Zuerst waren es Reisende aller Art: Kaufleute, Bergleu-
te, Wissenschaftler, die über die beiden Atlantikhäfen Tampico
und Veracruz "in fast ununterbrochener Reihe” einströmten, wie
es auch von Bürgern deutscher Staaten von dem unabhängig gewor-
denen Mexiko immer wieder berichtet wird. Ängelockt wurden sie
von dem = im Verhältnis zu den anderen freiwerdenden spanischen
Kolonialgebieten in Amerika -—- bemerkenswert hohen Niveau der
ökonomischen Entwicklung und den bedeutenden Ansätzen kapitali-
stischer Produktionsweise in Mexiko, Informationen über diese
für Kontakte besonders günstige sozialökonomische Situation fan-
den sie in den Publikationen von Humboldt. Er hatte durch seine
Werke ihr Interesse für Lateinamerika allgemein + für Mexiko
speziall = verstärkt. Humboldts Werk rief eine ganze Anzahl von
Berichten und Reschreibungen hervor; nur wenige jedoch entspra-
chen seinen Forschungsmethoden, Die meisten dieser Reisenden
aber benutzten die Kenntnisse, die Humboldt in seinen Büchern
vermittelt hatte, um aus der ökonomischen Situation des jungen
Staates Nutzen zu ziehen. Humboldts "Versuch über den politi-
schen Zustand des Königreichs Neu-Spanien wurde "la Biblia de
todas las aspiraciones viandantes de aquel tiempo" (Ortega y
Medina, 1960, 30),
Kennzeichnend für deutsche Mexiko-Reisende in der ersten Hälf-
te des 19, Jahrhunderts war es, daß sie im wesentlichen Inter-
essenvertreter der verstärkten kapitalistischen Entwicklung in
ihrer Heimat waren, Zuerst genossen sie keinerlei staatliche
Unterstützung, weil Deutschland kein Nationalstaat war und die
einzelnen deutschen Staaten erst zögernd zu einer eindeutigen
Lateinamerika=Politik gelangten, Später orientierte sich dann