Jahresbilanz.
Soll eine Stimme sein von oben,
Wie der Gestirne helle Schar,
Die ihren Schöpfer wandelnd loben
Und führen das bekränzte Jahr
Das Lied von der Slocke.
J. Das Jahr.
Dder Weltkrieg ist zu Ende. Länger als vier Jahre hat
das Völkerringen gedauert. Länger als vier Jahre waren
wir Zeugen des gewaltigsten weltgeschichtlichen Geschehens,
das je auf unserem Erdball sich abgespielt hat. Es gab Tage,
da wir glaubten, schon die Hand ausstrecken zu können nach
dem Siegeskranze, da wir ihn schon leuchten sahen auf Ger—⸗
manias Haupte. Ein Traum, dem die Erfüllung versagt blieb.
In grellem Lichte zeigt sich uns die grausame Wirklichkeit:
Deutschland am Boden liegend, todwund, ein Spielball in der
hand des frohlockenden Gegners.
So ist es uns nicht beschieden gewesen, Kränze zu winden
als Ausdruck stolzer Siegesfreude. Aber wer kann sie zählen,
alle die Kränze, die in diesen leidvollen Jahren von trauernden
Gattinnen und Müttern, Schwestern und Bräuten gewunden
worden sind, die, von den Tränen des Kummers benetzt,
stille Gräber zu schmücken bestimmt waren? Und hat sich nicht
uns allen ein rührendes Bild tief in die Seele geprägt: das
einsame Soldatengrab auf fremder Erde, dessen einzigen
Schmuck neben dem schlichten holzkreüze der von treuer Kame—
radenhand gewundene Kranz bildet?
Das bekränzte Jahr.