Ethnographische Repräsentationsmacht
und postkoloniale Museumsethnologie
Die Berliner Xipaya- und Kuruaya-Sammlung
Beatrix Hoffmann
Repräsentationen sind Konstruktionen von Wirklichkeit, in denen sich das
Verhältnis von Subjekt und Objekt manifestiert. Zu den Kernaufgaben der
Museumsarbeit gehört es, diese Manifestationen in der Verknüpfung von
Gegenstand und Bedeutung im Blick auf die Sammlungsgegenstände zu ent-
schlüsseln und in die Generierung neuen Wissens einzubinden.! Multipers-
pektivische Zugänge unterstützen die Prozesse der Wissensproduktion, bei
denen bereits Bekanntes mit Neuem verknüpft, Vergessenes aktiviert und
Verborgenes sichtbar gemacht wird. Ausgehend von den Konzepten der new
museology (Ganslmayr 1989; Guzy u.a. 2010) und in der Wahrnehmung post-
colonialer Verantwortung werden in die Wissensproduktion auch Angehörige
der Herkunftsgemeinschaften (source communities) einbezogen, aus deren
«ulturellem Kontext die heute als Ethnographica musealisierten Gegenstände
stammen (vgl. Broekhoven 2011). Dabei geht es um die Sichtbarmachung von
xKulturellen Erfahrungen und Bedeutungen, die mit einzelnen Objekten ver-
«nüpft sind. Es wird sowohl nach der Geschichte einzelner Personen gefragt,
wie auch nach historischen Prozessen, welche die kollektiven Erfahrungen
indigener Gruppen prägten und die sich in einzelne Objekte eingeschrieben
haben. Methodische Voraussetzung dafür ist neben der Einbeziehung indige-
ner Perspektiven und Wissensformen eine sammlungs- und objektbezogene
Quellenforschung, die ich hier als Sammlungsarchäologie bezeichne. Sie wer-
'et alle auf die Entstehung und Geschichte einer Sammlung bezogenen Wis-
sensspeicher, wie Briefe, Zeichnungen, Film-, Foto-, und Tonaufnahmen oder
Feldaufzeichnungen, gegebenenfalls auch Publikationen und museale Samm-
lungsdokumentationen aus und versucht dabei insbesondere indigene Pers-
pektiven freizulegen.
Die kollaborative Wissensproduktion zielt schließlich darauf, nach der Re-
präsentationsmacht einzelner musealer Gegenstände und ganzer Sammlun-
zen zu fragen, diese sichtbar zu machen und nach außen zu vermitteln und
sie dadurch in aktuelle Diskurse einzubinden. Die Frage nach der Repräsenta-
ljonsmacht ethnographischer Gegenstände knüpft an Gells (1998) Konzept der
zgency von Objekten an, das einem Gegenstand aufgrund seiner Biographie