Museumsbegriff als eines von Besucher_innen belebten und performativ zu er-
schließenden Raumes, »als bewegten Zwischenraum, in dem Besucher_innen
ınd Ausstellungsdisplays als Pole eines wechselseitigen Aneignungsprozesses«
zedacht werden.
Lukasz Nieradzik und Elisabeth Timm stellen in ihrem Beitrag ein parti-
zipatives Ausstellungsprojekt des Museums für Volkskunde Wien vor, das 2011
mit dem Titel »Familienmacher. Vom Festhalten, Verbinden und Loswerden«
realisiert wurde. Ziel des Experiments war es, performativ das Herstellen von
Familie und Verwandtschaft im Rahmen einer Ausstellung zu untersuchen.
Zum offenen Konzept des Ausstellungsformates gehörte die Einbeziehung der
Besucher_innen in die Objekt-Auswahl, indem sie einerseits Ausstellungsob-
iekte mitbringen und in einem Regal deponieren konnten, andererseits aber
auch Gegenstände aus diesem Regal mitnehmen konnten. Um die Objektbewe-
gungen zu dokumentieren, baten die Ausstellungsmacher_innen um die Doku-
nentation der jeweiligen Objektauswahl und Motivationen.
Die Autorinnen der nächsten drei Beiträge widmen sich den aktuellen An-
zjätzen dekolonisierender Repräsentationspraktiken in Museen.
Die Chancen und Grenzen der Implementierung postkolonialer Theorien
in die Arbeit ethnographischer Museen erläutert Anna Seiderer anhand zweier
Ausstellungsprojekte. Ausgangspunkt ihrer Ausführungen ist das Königliche
Museum für Zentral-Afrika in Tervuren (Belgien), das seit 2013 wegen Umbaus
geschlossen ist. Gleichzeitig mit dem architektonischen Umbau wird eine in-
naltliche Neuausrichtung der Forschungs- und Ausstellungspraxis angestrebt.
In Vorbereitung darauf beteiligte sich das Museum als einer von zwölf Partnern
am 2008 gestarteten Projekt »Ethnography Museums & World Cultures« und ver-
‘Olgt durch die Einbeziehung von source communities und Diaspora-Gemein-
den einen Paradigmenwechsel.
Julia T.S. Binter beschreibt am Beispiel der Ausstellung What We See (2009)
postkoloniale Repräsentationspraktiken ethnographischer Museen. Die Aus-
stellung präsentierte Material des Lichtenecker-Archivs »Aussterbender Rassen«
von 1931. Für besonders sensible Teile des Materials wurden Repräsentations-
(ormen entwickelt, die eine kritische Auseinandersetzung mit historischen und
rezenten Ausstellungspraktiken initiieren sollten. Ziel war es, die Perpetuie-
rung entwürdigender Präsentationspraxen anthropologischen Materials zu
durchbrechen. Der postkoloniale Ansatz erhielt besondere Wirkmacht durch
die Einbeziehung von Tonaufnahmen in die Ausstellung, welche nicht nur hör-
sondern auch verstehbar gemacht wurden. Dadurch gelangten die an Europäer
zerichteten Botschaften, der im Archiv dokumentierten Afrikaner_innen nach
rund 80 Jahren an die Öffentlichkeit des südlichen Afrika und deutschsprachi-
zen Europa, wo die Ausstellung zu sehen war,
Der Beitrag von Beatrix Hoffmann setzt sich am Beispiel einer ethnographi-
schen Sammlung von den Xipaya und Kuruaya Indianern des Ethnologischen
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