Das Museum betrachte ich als performativen Raum, der durch das Zusammen-
spiel unterschiedlichster Akteur_innen erzeugt und bespielt wird (vgl. Patraka
2001, 153). In verdichteter Form repräsentiert und produziert dieser gemein-
schaftsstiftende Erzählungen. Ich werde im Folgenden anhand von Beobach-
tungen der Treppe diskutieren, inwiefern das »Treppenspiel« zu einer Natura-
lisierung nationalstaatlicher Grenzpolitiken führt und als performativer Akt
gesellschaftliche Normen der In- und Exklusion einübt und in diesem Sinne
eine spezifische nationale Identität in der Gegenwart mitkonstituiert. Ich werde
mich aus verschiedenen Richtungen an die Treppe und ihre Performativität an-
nähern - als Teil der architektonischen Struktur, als narratives Element und als
körperlicher Akt - und anhand performativitätstheoretischer Ansätze die am-
ivalenten Wechselwirkungen zwischen essentialisierenden und dekonstrukti-
vistischen Deutungsangeboten des »Treppenspiels« auf der »Insel der Hoffnung
and Tränen« analvsieren.!
Die Treppe als Architekturelement
Während meiner Feldforschungen im Ellis Island Immigration Museum war
meine erste Begegnung mit der Treppe rein pragmatischer Natur.“ Ich benutzte
sie, um von der Baggage Hall, der Eingangshalle, die früher für die Gepäckauf-
dewahrung genutzt wurde, in die Registry Hall im Zweiten Stock zu gelangen.
Dort fand die Kontrolle der Personalien und bis zum Jahr 1911 die erste medizi-
nische Untersuchung statt (Ausstellungstext im Raum Medical Inspection, Stand
Dezember 2010). Heute durchqueren die Besucher_innen die riesige Halle, um
zur Ausstellung »Through America's Gate« zu kommen. Die Treppe zur Registry
Hall ist in klaren, schlichten Formen gehalten und wirkt durch die breiten Stu-
fen aus schwarzem, mattem Stein sehr massiv. Sie steht im Kontrast zum hell ge-
liesten, abgetretenen Boden der Eingangshalle und auch zur filigran verzierten
Außenfassade des Gebäudes. Die Treppe trägt mit ihrer äußeren Erscheinung
aicht zur Erzeugung von Authentizität bei. Sie erzeugt vielmehr einen Bruch
zwischen räumlicher und zeitlicher Situierung der Narration. Sie ist offensicht-
lich eine Schöpfung der Gegenwart, stellt die Ganzheitlichkeit der Erzählung in
Frage und verweist darauf, dass dieser museale Raum unterschiedlich gedeutet
werden kann.
Die meisten Besucher_innen richten den Blick, wenn sie die zweite Wen-
dung der Treppe nehmen, hinauf zur Decke der großen Halle. Das mit tau-
senden schimmernden Fliesen verzierte Gewölbe der riesigen Registry Hall
erinnert an einen Festsaal. In der Mitte des rot gefliesten Saals hängen zwei
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