Susanne
‚Es müßte eine Insel geben, wo Unsereiner reingehört“
Selbstverortungen einer schwarzen Deutschen
Von Sabine Klein
‚Nichts Halbes und nichts Ganzes“
‚Am Anfang habe ich nur gedacht, warum
gucken die mich an, oder bilde ich mir das
2in, daß die so komisch gucken. Aber ich
glaube schon, ich habe mich daran ge-
wöhnt, weil ich mich selber nicht mehr
sehe, weißt Du (...) und darauf nicht mehr
reagiere, weil ich denke: Du siehst ja aus
wie die anderen. Und dann gucke ich doch
in den Spiegel und denke nee, nee. Da ist
doch ein Unterschied - und dann frage ich
mich immer, sehen die anderen das, oder
sehen die anderen mich?“
„Mischling“, „Mulatte“* und neuer-
dings auch politisch korrekt „Afrodeut-
sche“ oder „schwarze Deutsche“ - es gibt
viele Bezeichnungen für jemanden binatio-
naler, in diesem Fall kenianischer und
deutscher Herkunft. In diesen Bezeichnun-
zen wird eines deutlich: deutsch und gleich-
zeitig schwarz zu sein, scheint eine Aus-
nahme darzustellen, für die neue Begriffe
gesucht, Identitäten konstruiert werden.
Doch nicht nur die Terminologie prägt den
Umgang mit und das Selbstverständnis von
schwarzen Deutschen”, sondern generell
die rassistische Wahrnehmung des Schwar-
zen als kulturell rückständig, mit der hier
lebende schwarze Deutsche im Alltag kon-
frontiert werden.’
Susanne ist bis zu ihrem achten Lebens-
jahr in Kenia aufgewachsen und lebt seit-
dem in Deutschland, Ihre Mutter ist in den
70er Jahren als Missionarin dorthin gegan-
zen, wo sie Susannes Vater, einen Hotel-
manager aus Mombasa, kennenlernte und
heiratete. In Mombasa arbeitete Susannes
Mutter als Krankenschwester in einem
Krankenhaus, in dem die Familie auch
wohnte. Es ist eine Zeit, an die sich Susan-
ne gerne erinnert:
„(...) und da hatten wir halt eine Wohnung,
und also uns ging es eigentlich so - ich mei-
ne, meine Eltern mußten hart für ihr Geld
zrbeiten, aber wir konnten es doch so weit
bringen, daß wir zur Schule gehen konnten,
/...) und man hatte halt ein Hausmädel ge-
habt, weißte, wir haben also sehr europä-
isch gewohnt, also wir hatten eine Toilette,
eine Badewanne, ich meine, wir Kinder lie-
fen halt schon barfuß rum, weil es einfach
wir haben die Schuhe nicht gerne angezo-
gen - aber es war halt nicht so, daß wir
nichts hatten, also, wir waren schon normal
Mittelstand, kann man sagen.“
Ihre Mutter wollte ursprünglich nie
nach Deutschland zurückkehren, so daß sie
ihre Kinder auch nicht auf eine deutsche
Schule in Mombasa schickte. Außer der
Mutter sprach sonst niemand in der Fami-
'ie deutsch. Hatte Susanne zu dieser Zeit
sine Vorstellung von Deutschland? Susan-
ne erinnert sich, wie sie als Kind nach ei-
nem Deutschlandurlaub, zurück in Kenia,
sich nicht auf eine staubige Treppe setzen
wollte, da sie sich an die „Sauberkeit“
Deutschlands gewöhnt hatte:
5.: “Ja, also ich mein’, daß war einfach -
wahrscheinlich später war es egal, aber es
war einfach dieser Moment, du kommst aus
Deutschland, und sollst dich dann in Kenia