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Volltext: Bilder vom Eigenen und Fremden

„Afrikanisches Sprichwort, das menschliches Er- 
fahrungswissen als einen Schatz von Geschich- 
ren beschreibt, die ein Mensch im Laufe seines 
Lebens sammelt und die er in Erzählungen für 
andere lebendig werden läßt“, zit. nach Heiner 
Legewie in: Jürgen Straub (Hrsg.): Historisch- 
psychologische Biographieforschung. Heidel- 
berg 1989. Der Ausspruch findet sich bei Ama- 
lou Hampäte Bä, 1990-1991 westafrikanischer 
Schriftsteller: „Wenn in Afrika ein Greis stirbt, 
„ verbrennt eine Bibliothek“. 
„ Gemeint ist Couscous (d. Vfn.) 
— Sie hatte mir die Geschichte im Vorgespräch in 
fast identischem Wortlaut erzählt und auch mei- 
aer Freundin, durch die ich Frau Jacob kenne, 
waren diese und andere Geschichten genau be- 
Kxannt. 
‚Metaphern sind vor allem dort anzutreffen, wo 
die direkte Referenz der Sprache auf einen Ge- 
zenstand nicht möglich ist. Sie artikulieren, was 
der deskriptiven Sprache nicht unmittelbar zu- 
gänglich ist, sie schaffen somit gewissermaßen 
erst, was sie in einzigartiger Weise bezeichnen 
und erschließen (...)“, Jürgen Straub/ Hartmut 
Seitz: Metaphernanalyse in der kulturpsycho- 
logischen Biographieforschung. In: Ralf Bohn- 
sack/ Winfried Marotzki (Hrsg.): Biographie- 
forschung und Kulturanalyse. Opladen 1998. S. 
247. 
Frau Jacob ist aus soziologischer Sicht tatsäch- 
lich das klassische „Kriegskind“: „Die zwischen 
1939 und 1945 Geborenen sind aufgrund der für 
sie als Generation konstitutiven Kindheit im 
Zweiten Weltkrieg eine jahrgangsmäßig so deut- 
lich abzugrenzende Generation wie kaum eine 
andere.“ Ulf Preuss-Lausitz u.a. (Hrsg.): Kriegs- 
kinder, Konsumkinder, Krisenkinder. Weinheim 
4. Basel 1983. S. 29-52, zit. bei: Gabriele Rosen- 
:hal: Zur Konstitution von Generationen in fa- 
nilienbiographischen Prozessen. In: ÖZG, 5/ 
1994/4, S. 489-516. In diese Kohorte der zwi- 
schen ‘39 und ‘45 Geborenen möchte ich Frau 
Jacob jedoch nicht einordnen, auch wenn augen- 
fällige Übereinstimmungen, aber auch klare Ab- 
weichungen auftreten, die sich bestimmt auswer- 
ven ließen. Anders als bei Rosenthal geht es hier 
aber nicht um die Betrachtung familienbiogra- 
phischer Prozesse an sich, sondern um den Ver- 
such des Herausarbeitens der nationalen Selbst- 
und Fremdbilder einer einzelnen Person, für die 
es erforderlich ist, ihre ganz eigene individuelle 
Persönlichkeit und Geschichte, die auch aus 
ganz anderen Richtungen beeinflußt wurde und 
wird, zu betrachten. 
5 
N 
% Siehe Straub/Seitz, 2.2.0., S. 245. 
Wolfram Fischer-Rosenthal: Schweigen-Recht- 
fertigen-Umschreiben. Biographische Arbeit im 
Umgang mit deutschen Vergangenheiten, in: 
Fischer-Rosenthal (Hrsg.): Biographien in 
Deutschland, Opladen 1995, 5. 53 f. 
Frau Jacobs persönliche, wahrscheinlich relati- 
vierend gemeinte Bezeichnung für „Westdeut- 
sche“; genau so bezeichnet sie „Ostdeutsche“ als 
a „welche aus Sprich-Ost“. 
Nach der Wende machte Frau Jacob eine zwei- 
te Facharztausbildung zur Arbeitsmedizinerin 
und arbeitet heute bei der Bauberufsgenossen- 
„ schaft, 
Die Aussage bezieht sich auf eine Begebenheit in 
Süddeutschland, wo Frau Jacob mit einer Freun- 
din, „die finanziell sehr gut gestellt ist“, Urlaub 
gemacht hat. Sie waren in einem Restaurant, wo 
„eher reiche Leute“ und darunter auch einige 
„Snobs“ waren und verfolgten am Nebentisch 
ein Gespräch über „den teuren Osten, was Ost- 
deutschland den Westen kostet, was West- 
deutschland alles bezahlen müsse“, bis Frau Ja- 
cob „der Kragen platzte“ und sie die „Herren“ 
ansprach und sagte, „daß die Ostdeutschen doch 
genau so zahlen würden, daß sie doch eine ge- 
‚„ nauso große Last tragen würden“. 
Siehe: Ina-Maria Greverus: Der territoriale 
„Mensch. Frankfurt /M. 1972. 
„Es ist immer ein bestimmter Raum, den der 
Mensch mit Werten besetzt und auch seine uto- 
pischen Phantasien zielen noch auf einen kon- 
kreten Raum, in dem sich sein Wünschen erfül- 
y len kann.“ In: Ina-Maria Greverus, ebd., S. 51. 
So wie ihr die Muttersprache sehr wichtig ist, be- 
wundert sie aber auch ihren Sohn Andreas, 
durch den sie auch „immer mal irgend welche 
Englisch sprechenden Amerikaner zu Hause“ 
hat, wegen seiner Englischkenntnisse. Auch sie 
möchte, wenn sie „Rentner ist oder schon eher, 
„ erst Schwedisch und dann Englisch“ lernen. 
x (...) ja, und der Russe, der bei mir hier sauber 
macht, die Straße im Winter, sagt natürlich mit 
Fug und Recht, ihm ist es zu Hause (...) nicht 
schlecht gegangen, sie als Ärztin und er als Inge- 
nieur, aber seinen Kindern geht es hier viel bes- 
ser (...), Und die können ja nun inzwischen sehr 
gut, also perfekt Deutsch, beide sollen hier stu- 
dieren (...)“ 
In ihren Arbeitsbereich fallen die medizinische 
Betreuung von Bauarbeitern auf Baustellen, die 
‚ Überprüfung der Sicherheitsvorkehrungen u. ä. 
* Denzin a.a.O., S. 33/34. 
Zit. nach Denzin, a. a. O., 5. 46. 
)
	        
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