Digitalisate

Hier finden Sie digitalisierte Ausgaben ethnologischer Zeitschriften und Monografien. Informationen zum Digitalisierungsprojekt finden Sie [hier].

Suchen in

Volltext: Bilder vom Eigenen und Fremden

Ewa Drewnowska 
losen“ Stereotypen, oft zum Element von 
Feindbildern. Vorurteile stellen „affektive, 
emotional geladene, meist schon früh er- 
worbene bzw. unkritisch übernommene, 
verhaltensrelevante Einstellungen“! dar. 
Sie haben somit eine kognitive, eine affek- 
tiv-emotionale und eine verhaltenssteuern- 
de Komponente, die z.B. in der Diskrimi- 
nierung von Mitgliedern sozialer Gruppen 
zum Ausdruck kommen kann. 
Doch lassen sich offensichtlich solche 
Verallgemeinerungen in der Alltagskom- 
munikation beim Urteilen über die eigene 
Gruppe und die Fremden kaum ganz ver- 
meiden. Typisierung gehört als ein wichti- 
ges Instrument der Erkenntnis und der 
Orientierung zur Sprache; sie läßt sich 
nicht ausschließen. Gerade wenn es un- 
möglich ist, ohne Kategorisierungen aus- 
zukommen, müssen diese bewußt gemacht 
und kritisch reflektiert werden, damit sie 
nicht ausgrenzen. 
„Klischees? Das finde ich aber 
doof!“ 
Unsere Interviewpartnerinnen und -part- 
ner gingen mit Stereotypen sehr unter- 
schiedlich um. Viele von ihnen wehrten 
sich generell gegen stereotypisierende Aus- 
sagen. Häufig wurde ihnen, wie aus ihren 
Kommentaren direkt oder indirekt hervor- 
geht, schon in der familiären Sozialisation 
beigebracht, daß man Stereotypen nicht 
verwendet. So gibt zum Beispiel mein In- 
terview mit Uli, einer 22-jährige Studentin 
der Geschichte und Politik an einer der 
Berliner Universitäten, Einblick in ein- 
schlägige familiäre Sozialisationsprozesse. 
Ihre Eltern, von der Studentenbewegung 
beeinflußt, sind sozial engagiert und haben 
mit ihren Kindern stets aktuelle politische 
and historische Ereignisse diskutiert. In 
diesen Diskussionen wurde Uli vermittelt, 
daß Stereotypen nicht nur unzureichende, 
sondern auch unzulässige Kategorien sind, 
die man besser vermeidet. Vielleicht war 
li auch deshalb sensibilisiert, mit nationa- 
len Typisierungen besonders vorsichtig 
umzugehen. Sie antwortete auf meine — be- 
wußt mögliche Typisierungen abrufende - 
Frage, was sie an den Deutschen mag: 
„Ich denke nicht, daß es Dinge gibt, die alle 
Deutschen gemeinsam haben, deswegen 
kann ich immer nur das beschreiben, was 
ich an bestimmten Leuten mag und an be- 
stimmten Leuten nicht mag, und das einzi- 
ge, was sie gemeinsam haben, ist, daß sie 
deutsch sind.“ 
Auch Lars, ein Student der Biologie, in 
Ostdeutschland aufgewachsen und gegen- 
wärtig im östlichen Teil Berlins wohnend, 
antwortet auf mögliche Gemeinsamkeiten 
der Deutschen: 
„Also es gibt keine Dinge, die allen Deut- 
schen gemein sind, glaube ich. Es gibt die 
Dinge, die auf die Deutschen aufgetragen 
werden, die sie sein sollen, aber diese hier 
zu entdecken, fällt mir schwer.“ 
Während hier ein generell distanziertes 
Verhältnis zu kollektiven Bildern von 
„den“ Deutschen auszumachen ist, werden 
in anderen Aussagen, zum Beispiel auch 
von Uli, gängige Stereotypen verwendet, 
am sich selbst von gewissen Gruppen von 
Deutschen abzugrenzen: 
„Es gibt in Deutschland Leute, viele Leu- 
te, keine Ahnung wie viele (...) die sind 
dumm, ausländerfeindlich, ungebildet, ja 
f...) jetzt kann ich eine ganze Palette auf- 
zählen (...) spießig, intolerant“. 
Auch benutzt Uli im Interview Stereo- 
typen, um die Unsinnigkeit ihrer Verwen- 
dung darzustellen. Sie zählt die Stereoty- 
pen auf und gibt gleich danach Gegenbei- 
spiele an, die die Stereotypen relativieren: 
‚Also es gibt dann immer (...), auch mit 
Bayern verbindet man Erzkonservatismus, 
naja, dumpfes Oktoberfesttreiben (...). 
Aber andererseits (...), gerade in Bayern 
hab’ ich dann auch wieder Leute getroffen, 
die dermaßen in den Gegenpol umschlagen, 
gerade dadurch, daß sie in so ‘nem Land, in 
so ‘nem Bundesland leben müssen, die da- 
nach völlig aus dem Rahmen fallen und 
deswegen natürlich auch viel, viel interes- 
| X
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.