Elmar Haardt
vielleicht ja auch im Süden von Italien so
als Beispiel, da ist es ja schon ein Thema,
daß man als Frau noch lange nicht alles
darf und das empfinde ich dann halt als un-
nötigen Rückschritt.“
Von deutschen Männern wird Melanie
nur „angemacht“, wie sie erfahren hat bzw.
vermutet, wenn diese betrunken oder nicht
im Besitz einer höheren Bildung sind. Sie
nennt in diesem Zusammenhang als Bei-
spiel Bauarbeiter.
„Schwerverbrecher aus was weiß
ich woher“
Melanie habe nichts gegen Einwanderer,
wenn sie nicht gerade „Schwerverbrecher
aus was weiß ich woher sind“ und wenn sie
sich untadelig verhielten, da sie ja in Deutsch-
land zu Gast seien. Insbesondere denkt sie
hier wieder an islamische Mitbürger.
„Die müssen sich jetzt nicht noch kriminell
oder blöd verhalten, müssen hier keine
Leute anpöbeln, also ich fände das tatsäch-
lich auch ganz gut, wenn man so islamische
Mitbürger so ein bißchen, ja so eingliedert,
indem man zum Beispiel denen klar macht,
daß deutsche Frauen auf der Straße nicht
belästigt werden.“
Daß sich viele Einwanderer nicht in
Deutschland integrieren würden, liegt laut
Melanie daran, „daß diese Südländer, be-
dingt durch ihre Mentalität und auch das
Temperament aus dem Rahmen fallen“. So
ist Melanie davon überzeugt, daß Men-
schen aus nördlichen Kulturen, wie z. B.
[sländer, keine Probleme hätten, sich in
Deutschland zu integrieren. Außerdem ist
sie der Meinung, daß nur die Menschen aus
ihren Heimatländern auswandern, die es in
ihrem Herkunftsland „zu nichts gebracht
haben: Um es mal so blöd zu sagen, und
suchen dann in Deutschland halt noch das
letzte Glück.“
Fazit
Arm und reich, Norden und Süden, gebil-
det und ungebildet sind die Kategorien, die
für Melanie in einem Interview über natio-
nale Selbst- und Fremdbilder ausschlagge-
bend sind. So ist es ihr z.B. wichtig, daß sie
den Sprung von der Hauptschule auf das
Gymnasium aus eigenem Antrieb geschafft
hat, und sie ordnet ihre Familie und Pfle-
gefamilie nach den Kategorien Bildung und
soziales Milieu ein. Sie betont außerdem,
daß sie in ihrem Alltag hauptsächlich Kon-
takt zu Menschen aus höheren sozialen
Schichten habe, auch ihre Lebenspartner
sollen „gebildet“ sein und ein hohes Sozi-
alprestige haben. Melanie kommt aus
Göppingen, dem Süden Deutschlands, strebt
aber immer weiter in Richtung Norden, so
wohnte sie zwischenzeitlich in Köln, dar-
aufhin zog es sie weiter in den Norden
nach Berlin. Ihr Ziel ist jedoch das nördli-
che, „reiche“ Hamburg. Bei Melanie fällt
des weiteren auf, daß sie andere Kulturen
nach einem Nord-Süd-Gefälle ordnet.
„Nördliche Kulturen“ stellen sich für sie als
reich und kultiviert dar, mit „südlichen
Kulturen“ verbindet sie, ganz offensicht-
‚ich gängige öffentliche Diskurse aufgrei-
‘end, Armut, Chaos und sexistisches Macho-
verhalten. Aus dieser Sicht heraus entsteht
die Meinung, daß sich Ausländer aus süd-
‚ichen Kulturen im Gegensatz zu denen aus
nördlichen Herkunftsländern in Deutsch-
land nicht integrieren können. Auch hier
reproduziert die Studentin in der Öffent-
üichkeit tradierte Vorurteile, z.B, über „die
Türken“ oder “die Islamisten“. Kategorien
wie fremd/vertraut werden bei ihr mit Ur-
teilen über arm/reich und Norden/Süden
verknüpft. Der Gegensatz zwischen Fremd-
heit und Vertrautheit findet so seine Ent-
sprechung in den Gegensätzen arm und
reich sowie einem imaginierten geographi-
schen Norden und Süden.
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