ALTE EINBLATTDRUCKE
Zu Paul Speratus.
Nachdem Paul Speratus wegen einer am sonntage nach
Epiphanias (12. januar) 1522 im Stephansdom in Wien ge-
haltenen reformatorischen predigt am 20. januar von der
Wiener theologischen fakultät exkommuniciert worden war,
wollte er nach Deutschland zurückkehren, wurde aber unter-
wegs in Iglau festgehalten und als stadtprediger angestellt 2.
Bald machte er sich durch ketzerische predigten von neuem
verdächtig. Er wurde bei dem Olmützer bischof Stanislaus
Thurzo und bei könig Ludwig von Ungarn verklagt und
schliesslich am 14. mai 1523 ‚eingekerkert. Erst nach ı2
wochen wurde er auf fürsprache Albrechts von Preussen und
„etlicher Landtherrn“ entlassen und eilte nun über Prag nach
Wittenberg, wo er noch vor Martini (11. nov.) 1523 eintraf.
Im januar 1524 schickte er von hier aus den Iglauern seine
berühmte Schrift: „Wie man trotzen soll aufs Kreuz wider
alle Welt zu stehen beim Evangelio“?2 Er wirft darin zu-
nächst einen rückblick auf die leiden und verfolgungen, die
er erduldet hat, und berichtet u. a. auch folgendes [bl. B
üj*]: „Ja, dass‘ man doch sehe, wie recht sie mit mir ge-
handelt hätten, machten sie am nächsten Tag darnach, als
ich gefangen ward, ein Freudenfeuer, beraubten die Buch-
krämer und die frommen Bürger, wer lutherische Bücher
hätt, und verbrannten die daselbst auf dem Markte beim
Pranger. Das müssen ja fein Gesellen sein! Ja, sie ver-
brannten auch das neu Testament von Martino Luther ver-
dolmetschet, darum, dass allein der Nam Wittenberg darauf
geschrieben stand.“
Von diesem autodafe handelt ein lateinisches gedicht
von einem gewissen J. S.% das Speratus ins gefängnis ge-
schickt wurde. Es hat sich nebst der responsio des Speratus
erhalten in einem einblattdruck (folio. zu zwei quartblättern
1) Hierzu und zum folgenden vgl. neuestens‘ Ferd. Schenner,
Beiträge zur Gesch. der Reformation in Iglau, Zeitschr. des Deutschen
Vereines für die Gesch. Mährens u. Schlesiens 15 (Brünn 1911), s. 222ff,
2) Panzer, Annalen II no. 2469. Zu den von Schenner s. 232 a. 3
erwähnten drei exemplaren kommt noch ein viertes auf der Zwickauer
Ratsschulbibliothek (XVI. XI. 8,), ein fünftes in Rothenburg o. T,
Druck von Joseph Klug in Wittenberg (titeleinfassung Luther II no. 43)
3) Vielleicht identisch mit dem bei Schenner s. 237 a. 2 erwähnten
„Johann Scholcz, gewesener deutscher Schulmeister zum heil. Kreuz, aus
Freustad in Schlesien“.