24 Allgemeine und französische Volkskunde. 1897—1909.
wegen der Stammesähnlichkeit der Steirer und Tiroler häufig vor. Kin-
wirkungen des slavischen Volkstums habe ich dagegen nicht bemerkt,
Nicht eigentlich wissenschaftlichen Zwecken dient auch die Hessische
Volkskunde von HussLer*°). Es ist darin reicher Stoff aus dem alten
Kurhessen von Lehrern ziemlich unmethodisch gesammelt und vom Heraus-
geber nicht methodischer verarbeitet worden. Der Fehler mythologischer
Auslegung zweifelhaftester Art macht das Buch bisweilen zu einer recht
dilettantischen Leistung. Aber der geschulte Volksforscher wird die
Spreu vom Weizen zu sondern wissen und dann immerhin viel Tatsäch-
liches aus der Arbeit gewinnen können.
Ein vielgelobtes, auf langjährigen Studien beruhendes, tiefschürfendes
Buch über einen Teil des Salzkammergutes hat FERDINAND VON AÄNDRIAN
geschrieben *”).
Dem Werke von Joser BACHER über die deutsche Sprachinsel
Lusern*8) kann keine grössere Anerkennung ausgesprochen werden als
dadurch, dass man es als würdiges Seitenstück zu Adolf Hauffens Buch
über Gottschee bezeichnet, Es ist eine umfassende, mit liebevollstem
Verständnis geschriebene Volkskunde dieses vorgeschobenen deutschen
Postens.
In der ersten Unterredung mit dem Egerer Polizeirat Grüner am
26. April 1820 bemerkte Goethe: „wenn man in Ihrem Wirkungskreise
auf seine Untergebenen erfolgreich und wohliätig wirken will, so ist es
zweckmässig, sie näher kennen‘zu lernen. Dem gleichen Bemühen dankte
Paul Drews seine Forderung einer religiösen Volkskunde, Seinen und
Sohnreys Anregungen folgend sucht ein evangelischer Pfarrer — A. L’HOUET
nennt er sich -— die Psyche des deutschen Bauerntums zu ergründen *“*),
Da der Bauernstand als Träger volkstümlicher Überlieferungen vor allem
in Betracht kommt, muss ein solcher Versuch besonderen Anteils wert
sein. Übrigens hat der Verfasser scheinbar einen Vorgänger gehabt in
dem Pfarrer Dr. Bor, 9), oder vielmehr verbirgt sich unter dem Pseudonym
A. ”Houet eben der erwähnte Pfarrer von Heiligenroda (Grafschaft Hoya).
Eingehendste Vertrautheit mit dem Gegenstande befähigt Bor&e nach
fünfzehnjährigem Zusammenleben zu einer ungemein scharfen Zeichnung,
Alle Schwierigkeiten des Themas werden spielend bewältigt, und man
hüte sich sehr, der leichten Form wegen das bedeutende Buch als wissen-
1906, 2 Bl. ohne Zahlen u. 292 8. k1.8°%°. 46) Carl Hessler, Hessische Landes-
und Volkskunde. Bd. II. Hessische Volkskunde, Mit mehreren Karten und zahl-
reichen Abbild. Marburg, Elwert 1904, XVI u. 262 8. gr. 8°. Vgl. Adolf Stracks
Kritik Hess. Bl. III (1904) 192ff, 47) Die Altausseer. Ein Beitrag zur Volks-
kunde des Salzkammergutes. Wien 1905, Alfred Hölder V, 194 8. Lexikon-8°.
48) Die deutsche Sprachinsel Lusern. Geschichte, Lebensverhältnisse, Sitten, Ge-
bräuche, Märchen, Volkserzählungen und Schwänke, Mundart und Wortbestand
{= QFO. X). Innsbruck 1905, XV u. 437 S. 8°. 49) Zur Psychologie des
Bauerntums. Ein Beitrag. Im Anschluss an synodale Verhandlungen, sowie in
Verbindung mit dem Ausschuss für Wohlfahrtspflege auf dem Lande zusammen-
gestellt. Tübingen, J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1905, VIIL u. 306 S. 8°,
50) Preuss. Jahrbücher Juli 1903 (Bd. 113, Heft 1): Mittelalterliche Menschen.
An zwei Kapiteln aus Vierkandts „Natur- und Kulturvölkern‘“: „Spielende und
organische Energie“ und „Trieb und Wille“, wird dargelegt, dass die Bauern als
mittelalterliche Menschen zu betrachten sind, und ihre Neigung zum Typischen,
zum Symbol an treffenden Beispielen erwiesen,