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diesen ureignen Offenbarungen des deutschen Volksgeistes und Volks—
gemüthes, so recht zu Hause in dieser Colonie!
Es bedurfte darum nur jener fleißigen Sammlung und Sichtung
unserer Volkspoesie, wie sie strebsame Forscher unseres Volkes dem
deutschen Bauern, der sie zu vergessen drohte, in mehreren einschlägigen,
der deutschen Literatur ebenbürtigen Werken zurückgaben, um den
Beweis endgiltig herzustellen, dass die Urheimat der flandrischen An—
siedler dort zu suchen sei, wohin sie die historische, auf spärlich fließende
Quellen gegründete Forschung verlegt hatte — am Mittel- und
Niederrhein.
Über Sitte und Brauch des siebenbürgisch-deutschen Bauern
nun möchte dies Büchlein gar manches auch dir erzählen, freundlicher
Leser. — So tritt denn mit ihm zu'einem kurzen Besuche ein in ein
sächsisches Bauernhaus.
Es kehrt uns die schmale Gassenfront zu. Die breitere Seite sieht
in den Hof, damit der Bauer die Wirtschaftsgebäude und die Arbeit
der Hausgenossen im Hof besser übersehen könne. Du fragst, wozu der
gedeckte Vorsprung an der breiten Hofseite, auf den die kleine Treppe
führt? Der Bauer nennt ihn Lif (Laube) und schaut von da morgens
nach Wind und Wetter, abends nach den Pferdedieben aus, wenn der
zottige Hofhund die Nähe derselben bellend verkündet; die Bäuerin sitzt
da mit den Nachbarinnen im Gespräch, wenn der Regen sie von der
Steinbank vor der Gassenthüre ins Trockne treibt, und die Bauern—
tochter pflegt auf der Brüstung derselben im Sommer ihre Blumen:
Levkojen, Nelken, Reseden, Rosmarin und Pelargonien. Unter dem
kleinen Dach derselben hat der Bauernknabe seinen Taubenschlag.
Unter diesem Vorsprung befindet sich der Eingang zum Keller.
Auf vierseitig behauenen eichenen Trämen (Ganer) liegen zweireihig
die Weinfässer, gefüllt mit jenem „flüssigen Gold“ der siebenbürgischen
Rebe, das Boner so würdig gepriesen und dessen Wert der schlaue
Chemiker Liebig auf der Münchener Ausstellung trotz der unförmlichen
Flaschen und der schlechten Stöpsel schnell herausfand und mit der
großen goldenen Medaille krönen half. Wir hierzulande sind eben
in der Pflege der äußeren Etikette noch weit zurück, trinken aber lieber
guten Wein aus schlechten, als schlechten Wein aus schönen Flaschen.
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