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Schildbürgerstreiche.
Die Streiche der Schildbürger sind ja durch ‘das Volks-
buch von den Schildbürgern sprichwörtlich geworden, und ihr
Wesen ist so bekannt, dass es keiner weitern Erklärung be-
darf. Wir haben es auch hier vielfach mit Wandergeschichten
zu tun; derselbe Streich wird bald von dem einen, bald von
dem andern Ort mit mehr oder weniger geringen Abweich-
ungen, oder auch wol ganz übereinstimmend erzählt. Tast
jede Landschaft hat auch irgend einen Ort, auf den sich solche
Geschichten häufen. Im. badischen Unterland, in der Neckar-
Jandschaft, scheint dies Eberbach zu sein. Seine Einwohner
heißen die „Säckbrenner“, weil sie einmal, um ihre Säcke schneller
zu zeichnen, diese alle aufeinander legten und mit einem glühen-
den Eisen, auf dem das Stadtwappen war, stempelten. Da
waren sie freilich alle auf einmal gezeichnet, aber auch alle durch-
gebrannt!’®°, Eine andere Erklärung verbindet dies Ereignis mit
einem bekannten Schildbürgerstreich: Als die Eberbacher beim
Neubau einer Kapelle die Fenster vergessen hatten, wollten sie
das Sonnenlicht in Säcken in die Kapelle schaffen; um nun
ihre Säcke später wieder auseinander zu kennen, brannten sie
ihre Namen hinein !77,
Eine dritte lässt den Vorgang zwischen zwei Eberbachern
zich abspielen, dem Hiob und Jakob; diese beiden Vornamen
sind noch heute in Eberbach stark verbreitet. Hiob gibt dem
Jakob den Rat, die Zeichnung mit dem Brenneisen vorzu-
nehmen, worauf dieser nach geschehener Handlung in den Ruf
ausbricht, der zur stehenden Redensart geworden ist: „Häjoh,
Hiob, e Dunnerwetter, sie sin jo durch un durch gezechelt!“
Ein anderer Name der Eberbacher ‚ist „Kettenweicher“; den
haben sie, weil sie einmal ein Stück von der Kette des
Schleppdampfers fanden und dieses aufweichen wollten.
Warum die Eberbacher „Kuckucke, Kuckucksfresser,
Kuckucksschlegel“ heißen, ist früher erzählt worden. Zwei
weitere Geschichten bringt Pfaff!’®: „Als einst einige Eber-
bacher mit einem holzbeladenen Schiff auf dem Neckar fuhren
ı76 Baader, Volkss. aus dem Lande Baden No. 362. N
177 Vgl. dazu das Gedicht von Nadler, „Die Säckbrenner“, wo
Jieselbe Geschichte von „Butzelbach“ erzählt wird,
178 Blätt. 92.