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und nach dem Gottesdienst auf dem Marktplatz, unter dem
sich viele „Dohlen“ (Abflussgräben) hinziehen, aufzuhalten.
„Nazi“ bedeutet einen, einfältigen Menschen®'., Die Breiten-
bronner heißen „Steckenreiter“, weil sie nie ohne Spazier-
stock ausgehen, Die Ittlinger nennt man die „Käfertrippler“
oder auch kurz‘ „Käfa“, weil sie angeblich Brunnenwasser
trinken, in dem Käfer krabbeln. Die Nächstenbacher sind
die „Nächstebacher Gebirgsmarine“, weil Jung und Alt gern
auf kleinen Fahrzeugen. auf dem kleinen Nächstebach herum-
fährt. Die Steinsfurter nennt man „Schnogädenglä“, weil
sie gern Schnaken totschlagen, und die Bahnbrücker heißen
in einer Litanei, vielleicht nur des Reims wegen, „Wanzen-
knicker“, Die Sulzbacher führen den merkwürdigen Namen
‚Knieknack“; dazu schreibt mir ein Gewährsmann: „Von allen
damaligen Knaben in meinem Alter konnte nicht einer eine
Kniebeugung machen, wie es von Katholischen in der Kirche
üblich ist. So wars auch früher schon und später noch.“
Völkernamen.
Der Grund, dass die Bewohner eines Dorfs den Namen
aines fremden Volks oder Stamms führen, kann entweder ein
historischer ‚und tatsächlicher sein, indem die Leute etwa von
fremden Kolonisten abstammen oder fremde Arbeiter in größerer
Zahl sich dort niedergelassen haben oder der Ort Enklave eines
andern Staats ist, oder aber indem man glaubt, die Haupt-
sigenschaft des betreffenden Volkes bei den Ortsbewohnern zu
arkennen.
So heißen die Heidelsheimer „Pfälzer“, wol weil Heidels-
heim lange Gegenstand eines Streites zwischen Pfalz und Baden
war, dann aber durch die Schlacht bei Seckenheim (1462) end-
zültig an die Pfalz kam. Die Dürrenbüchiger sind die
„Altbadischen“, vielleicht weil sie, im Jahre 1726 von Baden-
Durlach an Speyer abgetreten, nach langjährigem Streit wieder
an Baden kamen. Ob im Namen der. Münzesheimer
„Schweizer“ der Volksname steckt, oder aber, ob sie als
besonders die Meiereitreibenden gekennzeichnet werden sollen,
weiß ich nicht. Auch der Grund, weshalb die Spöcker „Öster-
reicher“ heißen, ist mir nicht bekannt. Vielleicht ist es ein
81 Vgl. Meisinger, Appellativa 13.