II. Beurtheilung.
Es ist schon so lange Zeit verflossen, seitdem die Verwilderten zum
letzten Male der Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchung gewesen sind
daß die Gegenwart kaum mehr von ihnen Kenntniß besitzt. Wenn auch
ihr Dasein von dem Gedächtniß Einiger noch festgehalten wird, so können
sie doch im Bewußtsein der Meisten entweder als erloschen gelten, oder fie
haben niemals die Schwelle dieses Bewußtseins überschritten.
Verdienen sie aber das Schicksal, der Nacht der Vergessenheit
anheimzufallen? Erleidet unser Besitz an Thatsachen der menschlichen
Geschichte keine Einbuße, wenn wir den Staub, der sie bereits bedeckt,
unberührt lassen und wenn wir ihm gestatten, sich noch mächtiger anzu—
sammeln und die Bedeckten immer tiefer einzuhüllen?
Von den unzähligen Menschen, welche seit den ältesten Zeiten bis
herab zu uns den Erdball bevölkert haben, sind nur äußerst wenige in
die Lage gerathen, die uns an der betrachteten Gruppe von Menschen
besonders interessirt. Es sind ihrer wohl weit mehr in die gleiche Lage
gerathen, aber sie sind zu Grunde gegangen und wir haben von ihnen
keine Erfahrung. Nur eine ganz kleine Gruppe von Menschen der be—
trachteten Art hat also die Geschichte der Jahrtausende zu unserer Ver⸗
fügung gestellt. Soll dies umsonst geschehen sein? Sollen und können
wir empfindungslos daran vorübergehen? Der außerordentliche Eindruck,
welchen die einzelnen Fälle zur Zeit ihrer Entdeckung auf die Lebenden
machten, war nicht unberechtigt. Niemand konnte sich ihm entziehen.
Und auch wir haben Veranlassung genug, uns jener Gruppe von
Menschen wieder zu erinnern und sie dem Schicksal der Verschollenheit
zu entreißen.
Es geschah in den Tagen des würdigen Anatomen Blumenbach und