& 4. Das deutsche Gewerbe vom 11. bis 16. J ahrhundert. 129
bestimmungen, die gegen Willkür in bezug auf Anforde-
rungen schützen, wenn auch die Person des Handwerkers
so wenig Sicherung hatte, daß sie verliehen oder sonst ver-
geben werden konnte (vgl. S. 53 und Anm. 174, S. 64 und
Anm. 222). Am freiesten fühlte sich der Handwerker, der
in einer der alten ehemals römischen Städte angesiedelt
war; und je mehr diese, die in den ersten Zeiten ihrer Be-
siedelung durch Germanen nur noch offenen Dörfern glichen
(DHA. 1,86), sich wieder zu eigentlichen befestigten Städte-
anlagen zusammenschlossen, je mehr die Einwohner sich
dadurch von ländlicher Werterzeugung entfernten und in
ausschließlicher Fertigung handwerklicher Erzeugnisse ihren
Lebensunterhalt suchten und fanden, desto mehr wurde hier
die Vorstufe des mittelalterlichen Handwerks beschritten.
Seit dem Anfang des 8. Jahrhunderts wird die Neigung,
solche alte Befestigungen wieder herzustellen, lebendig, und
Erneuerung alter und Erbauung neuer Stadtmauern an
Donau- und rheinischen Städten, wie Regensburg, Köln,
Mainz, Worms, Straßburg, sind die nächsten Zeugnisse
dafür; und mit der weitergehenden Gründung. von Städten
auch in den östlichen Teilen des Reiches bis. zum 11. und
12. Jahrhundert tritt eine neue Gliederung der Gesellschaft
auf, in welcher nunmehr der Bürger seine eigenartige
Stellung findet.
Doch ist für die Erstehung des Verkaufsgewerbes nicht
die Existenz der Stadt allein maßgebend; auch der Markt
hat seinen hervorragenden Anteil daran. Derselbe ist frei-
lich eine merkantile Einrichtung, aber auf den Betrieb des
Handwerks wirkt er belebend, indem er ihm die Gelegenheit
verschafft, entweder unmittelbar oder durch die Vermitt-
lung des Kaufhandels die gewerblichen Waren vorteilhaft
zu verkaufen. Und endlich ist ein nicht zu unterschätzender
Faktor für die Hebung des Handwerks die Ausbildung des
Münzwesens seit Karl dem Großen und der vermehrte Um-
lauf vorzugsweise von Silbergeld im Zusammenhange mit
dem den meisten Marktstätten verliehenen Münzrecht; erst
hierdurch wird völlig die Bahn des alten Tauschverkehrs
zugunsten eines durchgeführten Geldverkehrs verlassen.
MV. Heyne. Handwerk.