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Familienfeiern und andere Feste.
Dem Lauf des Jahres folgend, haben wir ein Bild
von den Festen des deutschen Landvolks zu entwerfen ver⸗
sucht. Zu den geschilderten Festen treten aber noch andere,
insbesondere die Familienfeiern!), hinzu und vervollstän⸗
digen das Bild.
Bei den bisher geschilderten Hirtenfesten ist kaum
des Schäfers gedacht worden. Die Schäferfeste sind im
ganzen spärlich verbreitet, aber wegen ihres gewisser⸗
maßen zunftmäßigen Gepräges besonders erwähnenswert.
So treffen einmal im Jahre die Schäfer des Hügel⸗
landes zwischen Saale und Ilm zu froher Feier zu—
sammen (1906 am Sonntag Reminiscere in Heilsberg?)
bei Rudolstadt). Hinter einem geschmückten Hammel durch—
ziehen sie mit Musik das Dorf und bringen den ein⸗
zelnen Schafbesitzern ein Ständchen. Daran schließt sich
ein Tänzchen der Schäfer und Ortseinwohner und am
Abend ein Mahl mit einer Ansprache des Obmanns.
Ein weit lebensvolleres Bild zeigen die thüringi—
schen Schäferfeste früherer Zeit. So erzählt uns ein Be⸗
richt aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhundertss) von
einem farbenfrischen Fest, das die Schäfer der schwarz—
burgischen Amter Ilm, Paulinzelle und Ehrenstein in
Staͤdtilm vereinigte. Auf dem Festplatz war inmitten
mehrerer gefällter Tannen eine Fichte errichtet, deren
Kroͤne Blumen und Bänder trug. Mit Schalmeien und
Dudelsack zogen die Schäfer zum Festplatz, einen Hammel
im Zuge mitführend. Auf dem Platz führte man, hin⸗
tereinander im Kreise aufgestellt, einen Schäfertanz“) vor,
Die Familienfeiern wollten wir nicht unberüchichtigt
lassen, doch war hier dem reichen Stoff gegenüber besondere
Beschränkung nötig. 2) Herm. Kühn: Deutscher Dorfbote 1906,
Nr. 14. 8) Reimann S. 310f. 4) Anderer Art war der z. B.
in Meclenburg übliche „Schäfertanz“, nämlich ein gesungenes
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