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ıs Volksleben mit [einen Vorzügen und Mängeln, [einer
Eigenart und [einem innerften Welfen, findet kaum treuere
Darftellung als durch den Mund des Volkes [elbft in [einen
Sprichwörtern und Redensarten. Die Aachener Sprichwörter
und Redensarten geben ein Mofaikbild des Aachener Volks-
lebens, wie es Jahrhunderte lang und etwa bis zur Hälfte des 19. Jahr-
hunderts [ich entwickelte. Der dann immer [tärker einsetzende Um-
[(chwung der wirt[chaftlichen und gefellfchaftlichen Verhältniffe ift von
ungünftigem Einfluß für die Weiterbildung der Mundart gewelen.
Der fort{chreitende Einfluß der Schule, des Heeresdienftes, der
Zeitungen, nicht zuletzt der durch die Freizügigkeit erleichterte
Verkehr, insbefondere auch der Zuzug von außen! drängte die
Mundart [o nachhaltig zurück, daß nicht nur der Belftand der Aacherier
Sprichwörter und Redensarten, [ondern auch manche der darin nieder-
gelegien An[chauungen der jebigen Generation nur notdürftig bekannt
ind. Zweifellos ift infolgedeflen manches Denkmal jahrhunderte-
langer Vergangenheit verfchwunden und mancher Aus[pruch, der
uns über das öffentliche und private Leben des Altaacheners Auffchluß
hätte geben können, verloren gegangen, oder es hat [ich, worauf
an einzelnen Stellen hingewiefen werden konnte, ein anderer als
der ur[prüngliche Vorftellungsinhalt mit den Sprichwörtern und Redens-
arten verbunden. Man vergleiche nur die von Loerfch und Reiffer-
[cheid herausgegebenen „Zwei Adcener hiltorilche Gedichte des
15. und 16. Jahrhunderts“, vor allem aber die Meyerfche Chronik,
die mit Sprichwörtern und Redensarten förmlich durchfetzt ift und
man wird bald erkennen, wieviel verloren gegangen ift. Um [o
wichtiger er[cheint es, wenn das, was noch bekannt ift, geflammelt
und der Vergeflenheit entrillen wird.
1 Nach der Zählung vom 12. April 1907 ‚sind von 100 Einwohnern geboren
in Aachen 65,5, außerhalb 34,5. Vgl. Wimmers, Mundartl. Dichtungen für Schule
und Haus, Breslau 1913 8.2.