Volltext: Kulturstudien aus drei Jahrhunderten

366 III. Zur ästhetischen Kulturpolitik 
Ich will Ihnen also meine Gründe nicht länger 
schuldig bleiben, gedenke meinen Beweis aber nicht 
im Stile eines Sophisten zu sühren, der einen para 
doxen Satz durch einen vielverschlungenen Kunstbau 
spitzfindiger Schlüsse stützt, sondern indem ich einfach 
eine Reihe klarer Tatsachen in dieser meiner Herzens 
angelegenheit reden lasse. 
Es gibt künstlerische Erziehung in zwiefachem 
Sinne: Erziehung durch die Kunst und Erziehung 
für die Kunst. Die erstere setzt die letztere nicht not 
wendig voraus, und die Erziehung für die Kunst 
wird an sich den Staatsmann wenig kümmern, wohl 
aber als Grundlage der Erziehung durch die Kunst. 
Denn diese ist zugleich ein Hauptelement der gesamten 
Volksbildung; sie birgt ein tiefes und allgemeines 
Kulturinteresse. 
Nun ist aber die Erziehung für die Kunst ohne 
Zweifel die Wurzel der Erziehung durch die Kunst, 
und wenn nur die schaffenden Künstler selbst von 
Anbeginn den rechten Weg gehen, dann wird auch 
der Einfluß ihrer Kunst auf alles Volk — und dies 
ist ja die Erziehung durch die Kunst — der rechte 
sein. 
Dieser Satz ist so gewiß in seiner Allgemeinheit 
wahr als für die Praxis nichtssagend. Denn weit 
weniger in dem Schaffen der lebenden Künstler als 
in den unermeßlichen Kunstschätzen der Vergangenheit 
liegt das künstlerische Erziehungsmaterial für die 
Gegenwart. Und zudem ist gerade der schöpferische 
Genius immer mehr oder minder Autodidakt und
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.