Augsburger Studien. I
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Hand nehmen, um diese vier Flüsse aufzufinden; er
entdeckt dann als dritten und vierten Fluß neben
Lech und Wertach die Singold und den Brunnendach
und lächelt darüber. Dieses Lächeln ist aber voreilig.
Denn die beiden Bäche repräsentieren nicht bloß ihren
eigenen Wassersaden, sondern je einen ganzen Strang
von kleinen Parallelbächen, ein ganzes Netz von
Quellen, wodurch die Lech- und Wertachauen mit
zahllosen nassen Gräben durchschnitten, die Stadt
Augsburg nach außen verteidigt, nach innen mit
dem reichsten Schatze nutzbaren Wassers versehen
wird.
Die rätselhaften Wasserzüge dieses Tafellandes
sind ein wahrer Lustgarten für den feinen Beobachter.
Innerhalb der alten Stadtgrenze von Augsburg,
kaum eine Stunde Wegs lechaufwärts, entspringen
gut ein Dutzend kleiner Bäche inmitten der Lech
niederung, fast auf gleicher Höhe und in der nächsten
Nachbarschaft des Flusses, und laufen dann höchst
eigensinnig unter sich und mit dem Hauptflusse
parallel, oft kaum auf einen Büchsenschuß Abstand,
durchkreuzen und verwirren sich und bilden so wieder
neue Bäche. Ähnlich ist es auf der Wertachseite mit
der Singold und ihrer Bachfamilie. Sie rinnt von
Schwabmünchen bis Augsburg beiläufig eine Viertel
stunde seitab der Wertach in getreuer nachbarlicher
Begleitung, sendet derselben sechs Abzweigungen zu,
ergänzt sich aber doch immer wieder durch neue
Quellen und fließt sogar — nach der Volksmeinung
— bei Göggingen quer durch die Wertach hindurch.