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I. Historisches Stillleben
Menschen des achtzehnten Jahrhunderts kannten das
beneidenswerte Glück des modernen Fußwanderers
noch nicht, nach einer in genauer Terrainschraffierung
wissenschaftlich durchgearbeiteten Spezialkarte ein
fremdes Land sicher zu durchstreifen, ohne jemals
einen Bauer um den Weg zu fragen, ja die Ein
geborenen zu vexieren, indem man ihnen zeigt, daß
man als Fremder kraft der guten Karte oft ebensoviel
und mehr von der Plastik ihres Landes weiß als sie
selber, mit einem gewissen Feldherrnbewußtsein am
Morgen seine Marschdispositionen selber zu treffen
und am Abend wie Cäsar quasi re bene gesta zur vor
bestimmten Stunde pünktlich ins Quartier einzurücken.
Der Fußwanderer gewinnt eine solche Spezialkarte
lieb wie seinen besten Freund; sie rät und hilft ihm
in den Zweifeln des Marsches, und in den leeren
Stunden einsamer Rast braucht er ihr nur recht genau
in das treue Gesicht zu sehen, so belehrt sie ihn über
Landes- und Volkskunde oft besser wie ein Professor
und repetiert mit ihm theoretisch die praktischen
Studien des Tages.
Solche Wanderkarten suchte man freilich auch in
den fleißigsten Blättern des Homannschen Atlasses
noch nicht; eher verlangte man Forst- und Jagd
karten. Es gibt dergleichen im Homannschen Atlas,
wo kaum die Landstraßen angedeutet sind, desto ge
nauer aber die Waldgrenzen, ja wohl gar allerlei
Notizen über den Wildstand. Das war zur selben
Zeit, wo Johann Elias Riedinger nur Hirsche, Rehe
und Wildschweine zu stechen brauchte, um der popu-