Dec. 1888.]
Der große centralafrikamsche Wald.
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hergestellt, hinter denen sie mit Köchern voll vergifteter Pfeile und
mit inl Feuer gehärteten und mit Gift bestrichenen hölzernen Speeren
im Hinterhalte liegen.
Der Urwald, d. h. das alte, vom Menschen noch nicht berührte
Wachsthum, das seit den frühesten Zeiten sich überlassen geblieben war,
um von Zeitalter zu Zeitalter zu wachsen und zu sterben, ist leicht
von demjenigen Theil zu unterscheiden, der früher oder später einmal
dem Menschen Schutz gewährt hat. Die Bäume sind höher und ge
rader und haben einen kolossalern Umfang; es finden sich öfter Durch
gänge, wo der Marsch weniger Schwierigkeiten bietet und das Hinder
niß unabänderlich in Arum, Phrynium und Amomum besteht. Der
Grund ist fester und compacter und es befinden sich an solchen Stellen
die Lieblingslagerplätze der zwerghaften Nomaden. Wenn die Pflanzen
und kleinen Büsche weggehauen werden, hat man einen luftigen, kühlen
Waldtempel, in dem sich angenehm leben läßt.
Dann kommt der Wald, welcher während einiger wenigen Gene
rationen jede Spur früherer Bewirthschaftung des Bodens verwischt
hat. Etliche Bäume, namentlich von den weichern Holzarten, sind
zur selben Höhe wie die alten Patriarchen emporgewachsen; allein
sowie der Mensch die Lichtung verläßt, beeilen sich ganze Scharen von
namenlosen Bäumen, Sträuchern und Pflanzen in zudringlicher Weise,
seine Abwesenheit zu benutzen, und viele Jahre lang findet ein
stetiger Wettkampf um Licht und Luft statt; infolge dessen hat das
Unterholz mehr Sonnenschein und wird so üppig, daß man nur an
wenigen Stellen ohne unendliche Arbeit sich hindurchbahnen kann.
Unter den mannichfaltigen Palmen, die man dort findet, sind besonders
die Oel- (Elaeis) und die Raphiapalme (Raphia vinifera) zu erwähnen.
Und nun kommt noch der eigentliche Buschwald, das Wachsthum
weniger Jahre, welches keinerlei Eindringen in seinen Schatten zuläßt.
Man ist daher gezwungen, sich einen Tunnel durch die erstickende Masse
der jungen Vegetation zu hauen, die so miteinander verwachsen und
verwickelt ist, daß man glaubt, man könne leichter über die Spitze
hmwegschreiten, wenn sie dort ebenso dicht und haltbar wäre. Zwischen
den ungemein dichten Vegetationsmassen findet man kräftige junge
Bäume eingebettet, welche die Schlingpflanzen, die Reben und Ranken
tragen. Wenn man durch dieses Dickicht einen Pfad hindurch gebahnt
hat, ist der unbeschuhte Fuß in Gefahr vor den Dornen und scharf
abgeschnittenen Stengeln, welche sehr leicht den Fuß durchbohren und
das Bein zerreißen.