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Dreißigstes Kapitel.
sRuwenzori
Truppe im Stande sein wird, durch Toro zu passiren; und die wechseln
den Ereignisse, von denen aus Uganda verlautet und die Uddu und
Ankori beeinflussen, regen Zweifel an, ob die südöstliche Route, trotz
Uganda, ausführbar wäre, während die östliche ebenfalls ernste Schwierig
keiten bietet. Ans diesem sowie aus andern Gründen, wie z. B. daß
so viele Reisende der Neuzeit — Sir Samuel und Lady Baker, Gessi
Pascha, Mason Bey im Jahre 1877, unsere eigene Expedition im
Jahre 1887 und Emin Pascha im Jahre 1888 — nicht gesehen haben,
was sie hätten sehen sollen, ist es sehr nothwendig, eine etwas detaillir-
tere Beschreibung von dieser Bergkette zu geben.
Es ist eine ganz geheimnißvolle Thatsache, daß Sir Samuel Baker
den Ruwenzori nicht gesehen hat, da derselbe von der Stelle, die er erreicht
hat, so gut hätte sichtbar sein müssen, wie die St. Paul's Kirche in
London von der Westminster-Brücke; ebenso würde jeder, der um den
Albert-See herumdampft, wie Gessi Pascha und Mason Bey dies gethan
haben, sich gut in Sicht der schneebedeckten Berge befunden haben,
vorausgesetzt, daß sie nicht von dichten Wolken und tiefen Nebelschichten
verhüllt waren, hinter denen die große Gebirgskette an 300 Tagen des
Jahres ihre kolossale Krone zu verschleiern pflegt.
Die classische Geschichte der Gebirgskette, die Fabeln, welche um
dieselbe ihr Netz gewoben haben, ihre Beziehungen zum lieben alten
Nil, zum ehrwürdigen Nil, denk Nil der Pharaonen, Joseph's, Moses'
und der Propheten; die Thatsache, daß sie die Stelle, wo so viele Quellen
des Nils entspringen, daß sie der Schöpfer des „Sees der Dunkelheit",
des Albert-Edward-Sees ist, aus dessen Schoße der Semliki-Nil nach
Westen und der kleine. Kafur nach Osten treten, um einerseits den
Albert-, andererseits den Victoria-Nil zu speisen; der Umstand, daß
der Ruwenzori gerade der Berg ist, vor dessen Schrein, wenn man
den Dichtern Glauben schenken darf, Alexander und Cäsar die Götter
anbeten wollten; sein seltenes Hervortreten aus den pechschwarzen Wolken;
sein plötzliches, geheimnißvolles Erscheinen auf einem großen Theile jenes
„unbegrenzten" Sees eines Reisenden der Neuzeit; sein seltsamer Name,
das so oft vergeblich gesuchte Mondgebirge, seine großartige Massen
erscheinung, seine Zerklüftung und ungeheuere Höhe — alles dies zu
sammen macht es außerdem erklärlich, weshalb das Gebirge mehr als
einer kurzen Erwähnung bedarf. Wer wird den Eindruck vergessen, den
man erhält, wenn man das Berner Oberland zum ersten mal erblickt?
Sowol die Entdeckung als auch das Schauspiel waren einzig in ihrer
Art während meiner 22jührigen Reisen in Afrika, und die vollständig