lehrt, ist der Name des Roggens gleichfalls von demselben Stamme Rog d. i. Ge
richt, Gemeindeversammlung abzuleiten, wie Rügen; wahrscheinlich nämlich ist
der Roggen als (neues) Hauptbrotkorn nur als Gemeindeeigentum gebaut worden,
wie denn der Anbau einer Gemeindefrucht auch bei anderen Völkern üblich ist.
So führt also der eine Forscher den Namen Rügen bez. Rugier aus „Rog"
in seiner ursprünglichen Bedeutung, der andere auf „Rog" in einer abgeleiteten
Bedeutung zurück, und der Umstand, daß der Name von zwei ganz verschiedenen
Seiten, von der sprachlichen und von der archäologischen Seite, auf denselben
Wortstamm zurückgeführt wird, bietet wohl eine Gewähr für die Richtigkeit
dieser Ableitung.
Bei Beginn der großen Völkerwanderung, die man gewöhnlich mit dem
Einbrüche der Hunnen in Europa im Jahre 375 nach Christi Geburt ihren
Anfang nehmen läßt, sind die Rugier, unter Zurücklassung eines Teiles ihrer
Volksgenossen aus der Insel, in südöstlicher Richtung ausgewandert, haben
die Oder erreicht und dann, dem Laufe dieses Flusses folgend, den Paß zwischen
Sudeten und Karpaten überschritten; darauf sind sie durch das Tal der March
ans linke Donauufer gegenüber vom heutigen Wien gelangt, wo sie im neuen
„Rugiland" längere Zeit ansässig blieben, um endlich mit Odoaker und mit
dem Ostgotenkönig Theoderich dem Großen nach Italien zu ziehen (nach Wilser).
Daß ein Teil der Rugier bei der Auswanderung ihrer Volksgenossen
nach dem fernen Süden aus der Insel Rügen zurückblieb, entspricht einerseits
der Gepflogenheit anderer germanischer Stämme und ergibt sich andererseits
aus einzelnen Ortsnamen, wie Haardt (Monatsbl. 1919, S. 10), Hundbruck,
Hunnenbäk, Ruuger Barg u. a. (Quickborn XII 99); vgl. weiter unter S. 12.
Im sechsten — nach Bandoli erst im 7.-8. —- nachchristlichen Jahrhundert
wälzte sich dann die slawische Volkswelle von Osten her über die nur dünn be
siedelten südlichen Oftseeländer heran, und bei dieser Gelegenheit wurde auch die
Insel Rügen von einem zu den Belataben oder Milzen gehörigen Stamm be
setzt, der sich das Volk der Ranen oder Runen nannte. Die Entstehung dieses
Namens haben wir uns (nach Bandoli) vielleicht so zu denken, daß die zuge-
wanderten Slawen sich den Namen der auf der Insel zurückgebliebenen Rugier
aneigneten, wobei sie den scharfen G-Laut weich aussprachen und ihre slawischen
Endungen anhängten; so entstand der Name Bnsani, der in Bani oder Buni
gekürzt wurde, während die Insel als Bujana, Buja, Bana bezeichnet wurde.
In den slawischen Ranen sind die an Zahl und Widerstandskraft gewiß
nur schwachen Reste der germanischen Rugier aufgegangen. Adam von Bremen
(sein Werk reicht bis 1072), Helmold (bis 1172) und Saxo Grammatikus
(bis 1185) wissen nichts mehr von germanischen Volksresten auf der Insel
zu berichten, und als im Jahre 1168 das Christentum auf Rügen eingeführt
wurde, war die Bevölkerung der Insel eine rein slawische. Als dann aber
bald nachher die Einwanderung deutscher Kolonisten aus dem Westen Deutsch
lands einsetzte, begann für die rügenschen Slawen ein höchst ungleicher und
völlig aussichtsloser Kampf ums Dasein, in welchem die letzteren als die an
Kultur Schwächeren notwendigerweise unterliegen mußten und auch tatsächlich,
unterlegen sind. Die deutschen Einwanderer siedelten sich mit Genehmigung
und unter dem Schutz der Landesfürsten von vorneherein auf den fruchtbarsten
Ländereien an und sicherten sich dadurch, daß sie sich allerlei Vorrechte erteilen
ließen, die günstigsten Existenzbedingungen. Die Slawen aber wurden bald
mehr und mehr auf die unfruchtbaren, bisher nur wenig oder gar nicht kulti-
ir