Bewußtsein geht, eine lebendige Wechselwirkung. Olrik be-
handelt z. B. in der Erörterung der Hildensage wie auch sonst
überall nur den Unterschied der dänischen und isländischen
Quellen, ich versuche die Vereinigung mit der Gesamtüberliefe-
rung. Ich bin mir bewußt, daß die Ergebnisse meiner synthe-
tischen Methode noch um einen Grad hypothetischer bleiben
müssen, als die Ergebnisse jener analytischen Erórterungen.
Diese Schwierigkeit empfiehlt Vorsicht in der Annahme der er-
örterten Hypothesen, sie darf aber nicht die Erörterung gänzlich
lähmen.
Untersuchen wir also zuerst kurz die Zusammensetzung der
Hauptwerke*).
A. Snorris Ynglingensage.
Snorri erklärt in der Vorrede zur Ynglingensage, die den
ersten Teil seiner Heimskringla ausmacht, er habe diese Ge-
schichten aus alten Gesängen und Sagenliedern zusammen-
schreiben lassen in ein Buch. Den Leitfaden zur Aneinander-
reihung der verschiedenen Sagen gab ihm zum Teil ein Hof-
gedicht des Skalden Thjodolf von Hwin, des Hofdichters Haralds
des Haarschönen (860—980). Darin werden in gekünstelter
Skaldenmanier, aber doch sehr nüchtern und knapp, dreißig
königliche Vorfahren in einigen fünfzig Strophen aufgezählt mit
Angabe ihrer Todesart und ihrer Grabstätte. Diese Aufzählung
hat freilich einen um so geringeren genealogischen und chrono-
logischen Wert, als wir nicht einmal sicher sind, ob Snorri ihre
ursprüngliche Folge immer eingehalten hat oder ob Thjodolf immer
eine chronologische Ordnung festhalten wollte. Sie ist nur ein
Zeugnis und ein Katalog der um 900 lebendigen schwedischen
Götter- und Heldensagen. Götter und Heroen wurden in
euhemeristischer Weise zu Urkönigen gemacht und in einen
künstlichen Zusammenhang mit der Genealogie des historischen
Königsstammes gebracht. Welches sind nun die einzelnen ur-
sprünglichen Sagenlieder oder Sagenkreise?
*) Die altnordischen Namen gebe ich in der vereinfachten Schreibung,
wie sie von den heutigen nordischen Autoren gebraucht wird.