III.
DIE ENTSTEHUNG DER
VOLKSDICHTUNG AUS DEM
ARBEITSGESANG.
e Kunstlieder, d. h. Dichtungen, die von
Verfassern höherer Bildung herrühren, ins
Volk übergehen und durch Umschmelzung
zu Volksliedern werden, das haben wir
im vorigen Abschnitt zu zeigen versucht. Voraus-
setzung für dieses Aufgreifen des Kunstmäßigen durch
das Volk bildete die Volkstümlichkeit des Inhaltes und
des Ausdruckes in Wort und Weise. Damit wurde
die eine Quelle aufgedeckt, aus der unsere Volkslieder
geflossen sind, Aber trotzdem wir die Anschauung
von dem dichtenden Volksgeiste zurückgewiesen haben,
ist zuzugestehen, daß es Lieder geben muß, die von
Anfang an ohne bewußte Kunstübung entstanden sind,
und zwar in denjenigen Volksschichten, die wir als die
niederen zu bezeichnen pflegen. Irgend ein Individuum
aus diesen Schichten spricht das aus, was alle bewegt,
und mit Ausdrücken, die allen naheliegen, , was“ —
um mit den Sammlern des Wunderhorns zu reden —
„keinem eigen, was sich selbst erfunden,
Was unerkannt, doch nimmer geht verloren,
Was oft erstirbt und schöner wird geboren.“
Diese Entstehung von Dichtungen kann nur da
möglich sein, wo das Einzelwesen nicht scharf als