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DIE BEDEUTUNG DER
VOLKSKUNDE.
ine Wissenschaft hat Daseinsberechtigung,
wenn sie sich Selbstzweck ist, und braucht
nach ihrem Nutzen für die Allgemeinheit
nicht zu fragen. In der Gegenwart freilich,
wo eine starke Strömung dahin geht, allein das Nächst-
liegende, dessen Wert in die Augen springt, zu er-
greifen, wo man jede geistige Betätigung am liebsten
unmittelbar Früchte tragen sehen möchte, wo so häufig
dieser Selbstzweck der Wissenschaft bedeutungslos
genannt wird, muß es eine besondere Freude sein,
ein Wissensfeld bebauen zu können, das wie kaum
ein anderes fruchtbar ist und schon eine geringe Mühe
durch reiche Ernte lohnt. So steht es mit der Volks-
kunde. Wer wollte die nationale Förderung ableugnen,
die das Studium der Volksüberlieferungen gewährt?
Zunächst wird uns die Heimat lieb, deren gegenwärtige
Zustände wir als Ergebnisse geschichtlicher Entwickelung
begreifen lernen. Wir brauchen nicht in die Ferne
zu schweifen, um täglich Ungeahntes, Herz und Sinn
Erfreuendes zu entdecken. Und dabei spüren wir die
Zusammenhänge des Einzelnen mit dem Allgemeinen;
wir fühlen uns in unseren Sitten, Bräuchen, Sagen,
Liedern eins mit der größeren Gesamtheit des Stammes,
der Nation. Versenken wir aber die Blicke tiefer in
das heimische Volkstum, so tritt uns Übereinstimmung