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Volltext: Volkskundliche Streifzüge

V. 
VOM STILE 
DES VOLKSLIEDES. 
e Volksseele ist nichts Unwandelbares, aber 
sie ändert sich im allgemeinen langsamen 
Schrittes. Mit Treue wird Altes bewahrt 
in den Überlieferungen, die ihren Ausdruck 
bilden. Das Volkslied stellt in den meisten seiner 
Gattungen Gefühle und Lebenslagen dar, die allen 
Zeiten gemeinsam sein können. Darum wechselt auch 
die Form, in die sie sich kleiden, im Laufe der Jahr- 
hunderte nur wenig; gewisse allgemeine Kennzeichen 
beschränken sich auch nicht auf eine Nation, sondern 
sind aller Volkspoesie eigen, Indes fällt es doch nicht 
schwer, ein älteres und ein jüngeres deutsches Volks- 
lied zu unterscheiden, Man hat darauf hingewiesen, 
daß in der früheren Periode des deutschen Volks- 
gesanges alles aus dem Sinne des Mannes heraus 
empfunden sei; man hat darauf aufmerksam gemacht, 
daß auch klagende Weisen im älteren Volksliede viel. 
fach die Durtonarten verwenden; vieles im Liede 
älterer Zeit ist stämmiger, ohne die Sentimentalität, 
die namentlich zahlreiche ins Volk gedrungene Kunst- 
dichtungen durchzieht. Die veränderte Form entspricht 
dem veränderten Inhalt. Die folgenden Andeutungen 
über Sprache und Stil des Volksliedes wollen diese 
Unterschiede nur gelegentlich beachten. Aber es muß 
ihnen vorausgeschickt werden, daß der Stil der einzelnen
	        
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