Argumentationskontexte und Gang der Arbeit (3
der Volkskunde und ihrer Nachfolgefácher entwickelten Konzepte und
Überlegungen zum Themenfeld Technik und Alltagskultur werden dabei
für eine empirisch-kulturwissenschaftliche Analyse relevante Bereiche ab-
gesteckt und eigenstándige Perspektiven entwickelt. Besondere Aufmerk-
samkeit wird hierbei Konzepten der deutschen, britischen und amerikani-
schen Soziologie, der deutschen, franzósischen und amerikanischen Pbiloso-
phie und der amerikanischen Cultural Anthropology gewidmet, Diszipli-
nen, von denen in den vergangenen Jahren eine bemerkenswerte Dynamik
und Innovationskraft für die Thematisierung von Technik, Technologie
und technologischen Praxen ausging. Ergänzend wird auf einige neuere
Ansätze der Kognitionspsychologie und der Computer Studies verwiesen, in
denen innovative Überlegungen zur Nutzung technischer Artefakte vorge-
legt wurden.
Ziel ist es hierbei allerdings nicht, (end-)gültige Definitionen des Phäno-
menbereiches Technik zu gewinnen, ein Thema, für das — bedingt durch die
situative Vieldeuügkeit der Technik im Alltag — keine handlichen Theorien
in Sicht sind. Statt solcher Homogenisierungsversuche werden aus den
vielstimmigen und vor dem Hintergrund sehr unterschiedlicher Fachtradi-
tionen geführten Debatten der jüngeren Vergangenheit unterschiedliche
Perspektiven auf Technik rekonstruiert, die — für jeweils andere Erklä-
rungsbereiche — analytisch hilfreiche Instrumentarien bereitstellen. Drei
Denkstile werden hierbei herausgearbeitet, mit denen sehr verschiedene
Sichtweisen etabliert werden: Technik erscheint so erstens als weitgehend
kulturdeterminierender Faktor und Verlaufssouverän, zweitens als not-
wendig unvollständiger Stabilisierungsversuch des Sozialen und Reaktion
auf Kontingenz, oder drittens als gleichzeitig kulturbildender und kultur-
abhängiger Faktor alltäglicher Praxen. Folgerichtig werden in diesen drei
Sichtweisen von Technik und Technologie jeweils korrespondierende
Konzepte des Handelns der Nutzer entworfen: Ihr Handeln wird verstan-
den entweder als eingespannt in das stählerne Gehäuse der Modernisierung,
oder als teilstabilisierte Abfolge festgelegter Handlungssequenzen, die
durch Kontingenzen jedoch immer wieder unterbrochen werden (können),
und schließlich als &reatzve Praxis.
Diesem unter Rückgriff auf die oben genannten Theorien und Konzepte
erarbeiteten sachtheoretischen Technikbegriff wird in einem letzten Ar-
beitsschritt ein praxistheoretisches Konzept der Nutzung gegeniibergestellt.
Diese akteurszentrierte Perspektive wird hierbei in kritischer Auseinander-
setzung mit gängigen handlungstheoretischen Konzepten der Soziologie
entworfen, die Handeln vorwiegend unter dem Aspekt sozialer Ordnung
thematisieren und zudem auf Rationalitätskonzepte zurückgreifen, die für
die empirisch-kulturwissenschaftliche Analyse alltäglicher Praxen im Um-
gang mit Technik nicht oder nur bedingt geeignet sind. Alternativ wird da-
her vorgeschlagen, unter Rückgriff auf Überlegungen zur Praxis, wie sie
etwa in der Marxschen Philosophie der Praxis, dem amerikanischen Prag-