3. SINN UND DER HAUSHALT DES LEBENS
3.1 Über den Sinn der Produktion von Sinn
Den gemeinten Sinn (Max Weber) menschlicher Kulturen, und
das heißt den ihrer Werte und Normen, ihres Wissens, ihrer Ver-
haltensweisen, ihrer materiellen und immateriellen Schöpfungen,
zu erforschen gilt als die eigentliche Aufgabe einer verstehenden
Humanwissenschaft. Der gemeinte Sinn ist eine Kategorie des
gesellschaftlichen Geltens von Sinn, den das Individuum mit sei-
ner Kulturgruppe teilt. Dieser gemeinte Sinn; der auch als letzter
Sinn immer nur als gesellschaftliches Konstrukt erfaßt werden
kann, ermöglicht es dem Menschen, sich.in einem gemeinsamen
Handeln in Welt zu erfahren und zu verstehen. Alfred Schütz ver-
tiefte in den Verstehenswissenschaften die Unterscheidung zwi-
schen objektivem und subjektivem Sinn. Dieser objektive Sinn
meint nicht ein schlechthin Gültiges, sondern das intersubjektiv
Geltende in einer gemeinsam gelebten Welt, einer Lebenswelt ge-
teilter Erfahrungen, geteilten Wissens und geteilten Lebensvoll-
zugs. Keine menschliche Gemeinschaft kann ohne Sinngebung
ihr gesellschaftliches Leben aufbauen. Verschieden ist nicht die
Sinngebung an sich, sondern verschieden sind die je geltenden
Inhalte des objektiven Sinns. Verstehen heifit, diesen intersubjek-
tiv gültigen Sinn der Anderen zu erkennen.
Wenn dieses Verstehen des objektiven Sinns der Anderen aus
dem Gehaltensein in einer eigenen sinnvollen Lebenswelt ge-
schieht, mufi der objektive Sinn der Anderen keine praktische
Relevanz für das verstehende Subjekt haben. Ich kann ein frem-
des Ritual in seiner Sinnhaftigkeit verstehen, ohne es zu teilen.
Aber als Subjekt in meiner je gelebten intersubjektiven Welt ge-
winnt unser objektiver Sinn eben als relevanter eine andere Di-
mension des Verstehens. Das Verstehen meiner eigenen Welt hat
für mich die Bedeutung meiner sozialen und kulturellen Identi-
tát, des Dazugehórens, der subjektiven Relevanz eines gesell-
schaftlich geteilten Sinns. Das ist der subjektive Sinn im lebens-
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