sich selbstgefällig in der fragmentarischen Oberfläche des selbstin-
szenierten Ereignis-Werkes einrichtet: okkultes Dokument (Stephen
Tyler) wird.
1.2 Auf den Spuren des New Age-Mythos
Karl Kerényi hatte seine Reisenotizen »Auf Spuren Ces My-
thos« genannt. Diese Reisen waren das Nach-Erleben einer ver-
gangenen Epoche, Versuch ihrer Rekonstruktion über das sinnli-
che Wahrnehmen, gleichzeitig aber Vergegenwirtigung der sinnli-
chen Tradition als des fiir ihn aus der Antike heriiberwirkenden
Mythos, des wahren und giiltigen Wortes. Er hatte fiir eine Uber-
führung der klassischen Philologie in eine mehrdimensionale Kul-
turforschung plädiert, die die „sinnliche Tradition“ samt der Natur
als Umwelt der Kultur grundsätzlich berücksichtigte.
Die Forderungen nach einer ganzheitlichen und sinnlichen
Wahrnehmung kultureller Welten ist kulturanthropologischer
Forschung inhärent. Sie führt, unterstützt durch die Vergegenwär-
tigung des Wifbaren (Kerényi) - die lesend, aus Distanz anschau-
end und cenkend erworbenen Kenntnisse -, in das sogenannte
Feld, das heißt in die Umwelt der Kultur und ihrer Träger. Die
Sehnsucht des Ethnologen nach dem Feld (Greverus) ist ein Erwar-
tungshorizont, der den immer bereits vergangenen Erfahrungs-
raum in die Zukunft erweitern will: Der Horizont meint jene Linie,
hinter der sich künftig ein neuer Erfahrungsraum eröffnet, der aber
noch nic}t eingesehen werden kann (Koselleck). Die von Kosel-
leck als dialektisch bezeichnete Spannung zwischen Erfahrungs-
raum und Erwartungshorizont ist das Wesen der Geschichtlich-
keit des je gegenwärtigen Menschen, sein dynamischer Seinsvoll-
zug. Wenn nun Menschen aus einer Kultur lebende Menschen
aus einer anderen Kultur über die sinnliche Wahrnehmung erfah-
ren und erkennen wollen, wie in unserem Fach, dann muß die
verdoppelte dialektische Spannung ertragen und verstehend
durchdrungen werden. Der Angst des Forschers vor oder im Feld
(Lindner) liegt zutiefst diese oft durch zahlreiche Oberflàá-
chenphánomene umschriebene doppelte asymmetrische Span-
nung zugrunde. Der Forscher im Feld muf seine eigene Ge-
schichtlichkeit als von der fremden Geschichtlichkeit verschie-
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