körper und der Text in ständiger Wiederholung: Welle des Meeres
versinke im Meer ... Ich bin die Welle, mach mich zum Meer, mach
mich zu deinem kosmischen Meer.
""inne7n wir uns noch einmal rückblickend an die psychoana-
lytische Interpretation. Für Michael Balint gab es jene Grundbe-
ziehung der primáren Liebe zwischen Mensch und Umwelt in rei-
ner Form nur im fótalen Zustand. Hier ist die Umwelt noch Ur-
substanz oder unstrukturierter Ozean. Die Umwelt und das Indi-
viduum durchdringen sich gegenseitig, existieren in harmonischer
Verschránkung. Die Geburt ist ein Trauma, weil diese Harmonie
zerbricht. Ziel allen libidinósen Strebens ist nach Balint die Re-
gression in diesen Zustand in einem ozeanischen Gefühl, einer
unio mystica. Dem erwachsenen Narziften — ich habe ihn unreifen
Menschen oder Bürger als Kind aufgrund jener gesellschaftlichen
Grundstórung, die ihm Reifung verweigert, genannt - wird nun in
der neuen synkretistischen Spiritualität dieses regressive Verlan-
gen in den Mutterschof als progressiver Weg in die ewige Glück-
seligkeit des kosmischen Ungeteiltseins angeboten — das Ver-
schmelzen im Ozean des universellen Bewufitseins. Die narziDti-
sche Suche bedarf, sei sie objektschwach oder objektstark, die-
ser interesselos lustspendenden Umwelt, die eigene Göttlichkeit
widerspiegelt, sie durchdringt. Die Suche nach der Identität mit
dem All-Einen ist letztlich atheistisch. Sie bedarf nicht eines fer-
nen Gottes oder ferner Gótter, die strafen, richten oder gar sozia-
les Handeln im Diesseits fordern. Max Weber hatte in seiner Ana-
lyse cer indischen Heilslehren von ihrem Mangel an weltlicher
Ethik gesprochen und die aktivitütsfremde Zustándlichkeit des
klassischen Bucdhismus als die maximale Steigerung des spezi-
fisch asozialen Charakters aller eigentlichen Mystik bezeichnet.
Lie V.rwunderung der traditionellen christlichen Kirchen über
den Abfall ihrer Gláubigen und den Zustrom zu eben solchen für
den Westen aufbereiteten Heilslehren wáre vielleicht nicht so
groD, wenn sie jene Suchenden einer neuen Frómmigkeit im W»-
sten eben nicht nur als religióse Sucher, sondern als den narzif-
tisch-asozial sozialisierten Gesellschaftstypus der ‘Wohlfahrts-
Demokratien’ sehen würden. Das Versagen unserer Kirchen ist
ein Versagen unserer Gesellschaft, den reifen Menschen in sozia-
ler Aktivitätsentfaltung und Verantwortlichkeit zuzulassen. Be-
freiungstheologie bedarf einer Befreiungsgesellschaft — auch im
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