onsformen, Basis gesellschaftlicher Strukturierung und von deren Wahr-
nehmung. Ebenso wie sie Ausgangspunkt bürgerlicher Gesellschaftsmodelle
waren, standen Produktionsverhältnisse und die Organisation von Arbeit
auch im Zentrum sozialistischer Theoriebildung.“ Konsens herrschte dar-
über, daß die Elektrifizierung weitreichende Folgen zeitigen werde. Der
Diskurs erhielt seine Dynamik durch die Zielsetzungen, die je nach der Po-
sition der Sprechenden unterschiedlich akzentuiert wurden: Produktivitäts-
bzw. Effizienzsteigerung, Wohlstandssicherung, soziale Gerechtigkeit und
Arbeitserleichterung lieferten die Eckpunkte dieses Programms.
Bereits in den vorangegangenen Kapiteln klangen einige der Schlüssels-
ätze an, mit denen die soziale Programmatik der Elektrifizierung umrissen
wurde. Diese werden im folgenden aufgegriffen und gebündelt. Darüber
hinaus werden Ausführungen vorgestellt, die die sozialen Folgen der Elek-
trifizierung ganz zum Thema haben. In der Diskussion um die Elektrifizie-
rung der Arbeit kam dabei auch ein Fortschrittsverständnis zum Tragen,
das nicht so sehr auf gesellschaftlichen Wandel setzte, sondern die beste-
hende Ordnung konservieren wollte.” Alle Entwürfe basierten letztlich auf
der Annahme, die umfassende Beherrschung der Natur bzw. die durch Tech-
nik dienstbar gemachte Natur befähige auch dazu, die gesellschaftlichen
Veränderungen und die Dynamik des eingeschlagenen Kurses zu steuern.
Im folgenden interessiert nicht, ob die Sprecher richtig oder falsch pro-
gnostiziert haben. Vielmehr werden die Argumentationen und Visionen da-
nach befragt, ob und wie sie die Plausibilität des technischen Systems Elek-
trizität erhöhen und zur Akzeptanz der neuen Technik beitragen konnten.
Erlösung von körperlicher Mühsal
Elektromotoren standen zunächst für Arbeitserleichterung im doppelten
Sinn der Kraft- und Zeitersparnis. In den Mitteilungen der BEW notierte
Hans Dominik 1909 über die Vorteile des elektromotorischen Antriebs:
„Wo heute die elektrisch betriebene Hobelmaschine eine Fläche
schnell und sauber bearbeiten würde, da tagewerkten diese alten
Maschinenbauer zu zweit mit solcher Gigantenfeile, um schließ-
lich nach Tagen einen Effekt zu erreichen, der mit der elektrische
betriebenen Werkzeugmaschine heute in einer halben Stunde er-
zielt wird. [...]
Conze 1972, S. 167-211.
Vgl. Ulrich Wengenroth: Die Diskussion der gesellschaftspolitischen Bedeutung des Elektro-
motors um die Jahrhundertwende. In: Energie in der Geschichte/Energy in History. Düsseldorf
1984, S. 305-311, hier S. 311.
28]