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Zur leichtern Uebersicht glaube ich vor Allem das vorliegende Material vom
geographischen Gesichtspunkte anordnen zu müssen. Dabei ergeben sich auch
formale Verwandschaften einzelner benachbarter Localitäten, welche wenigstens
alnigen der hier aufgestellten Gruppen eine practische Bedeutung verleihen dürften.
Von einer scharfen Abgrenzung derselben kann natürlich keine Rede sein. Im
Gegentheil ist kaum zu bezweifeln, dass bei intensiverer Durchforschung der
Insel die heute noch überwiegende geographische Scheidung einem innigen
[neinandergreifen der einzelnen Gruppen Platz machen wird, dass dagegen
die zeitlichen Unterschiede klarer hervortreten dürften, als dies bis jetzt der
Fall ist.
Die erste Gruppe, welche sich hier ergiebt, ist jene der Madonischen
Berge. Hr. Franc. Mina-Palumbo in Castelbuono gab bereits im Jahre
1869 ein Verzeichniss von Funden aus seiner Heimath.!) Eine neuere Arbeit
Jesselben Verfassers ergänzt in werthvoller Weise die frühere Liste?) Die
Fundorte Isnello, Piano di S. Paolo in Castelbuono liegen am Nordrande der
Madonien, während Piano di S. Focä, Gonnato, Liccia dem eigentlichen
Berglande angehören. Umgeben von Bergen, welche 1000—1100 m, im
Monte Ferro sogar 1900 m erreichen, finden wir diese Localitäten am linken
Ufer des Torrente dei Molini, welcher seinerseits in der Torrente Calabrö,
der Ostgränze der Madonien, einmündet. Gegen Norden reicht diese Zone
unzweifelhaft bis an die Küste, wie die Funde bei Cefalü beweisen, Die
Grotte M. Edero am rechten Ufer des Calabro, sowie andere von Mina-
Palumbo angeführte Localitäten, (Margiazzo) deuten ganz entschieden auf
äne östliche Verlängerung in die Nebroden hinein.
Die westliche Fortsetzung der Madonien bildet in geologischer wie in
orographischer Hinsicht der bereits früher erwähnte M. Calogero. Der M.
Collesano, der westlichste Gipfel der Madonien und der Calogero sind nur
durch die breiten Thäler des Fiume grande und Fiume Torto getrennt.
An den Nordausläufern dieser secundären Randzone zwischen Caccamo und
Termini-Imerese liegen die von Sav. Ciofalo und dem Priester Carmelo
Palumbo erforschten neolithischen Grotten Puleri und Gerace. Auf den Süd-
westrand dieser‘ im Westen durch den Monte Cane fortgesetzten Zone, welche
hier durch den Fluss S. Leonardo durchschnitten wird, lassen sich der Monte
Chiaristella und der Cozzo die Fazo mit dem von Gemmellaro und mir
erforschten Grottensystem von Villafrati beziehen.
Der räumliche Zusammenhang dieser Gruppe ist um so beachtenswerther,
als derselbe, wie später gezeigt werden soll, durch den identischen Character
der Fundstücke unterstützt wird. Leider war gerade dieses Gebiet in den
letzteren Jahren ziemlich .unzugänglich. Wir dürfen jedoch jetzt, wo eine ent-
Schiedene Wendung zum Besseren eingetreten scheint, mit Zuversicht auf die
1) Paletnologia Sicula Palermo 1869.
2) Le armi e le utensili di Ossidiana Bullet. di Paletnologia italiana 1875,