Zur 26. Fachkonferenz Ethnomedizin “Stranger and Friend”, Sankt Augustin 2013 161
Mit der Wahl des Tagungsortes, dem Anthropos
institut in Sank Augustin bei Bonn, wollte die Ar-
beitsgemeinschaft Ethnomedizin mit ihrem inter-
disziplinären Konzept einer aktuellen Medizineth-
nologie jenseits der Fachverbände an einen Bereich
erinnern, der sich thematisch seit 100 Jahren mit
Feldforschung beschäftigt und der deutschsprachi-
gen Ethnologie viele Impulse gegeben hat. Dies
machte P. JoAacHIm Pıerke, der Direktor des Anth-
copos Instituts und scheidende Rektor der Philoso-
2hisch-Theologische Hochschule SVD St. Augustin
in einem breiten ideengeschichtlichen Überblick
deutlich. Für die gewährte Gastfreundschaft möchte
ich an dieser Stelle besonders danken.
Anmerkungen
:, Das Portrait von Kadu, Chamissos Freund und Reisegefähr-
te aus Radack dient dem 2. Band, Teil 4-5, „Reise um die
Welt“, in Chamissos Werke in fünf Teilen als Frontispiz, vgl.
Chamissos Werke, hrsg. von Max Sydow, Hempels Goldene
Klassiker-Bibliothek (Hempels Klassiker-Ausgaben), Berlin
stc., Deutsches Verlagshaus Bong & Co, o.J. (ca. 1908): Reise
um die Welt mit der Romanzoffischen Entdeckungs-Expedition
'n den Jahren 1815-1818 auf der Brigg Rurik, Kapitän Otto
von Kotzebue, von ADALBERT VON CHAMISSO, 1. Teil, „Tage-
uch“, 265 S., 2. Teil, „Bemerkungen und Ansichten“, 347 S.
Chamisso schrieb dies fast 20 Jahre später im Winter 1834-35,
Sein Werk war damals viel gelesen und hat vermutlich die da-
nalige Berliner ethnographisch interessierte Community be-
ainflusst. Radak ist eine östliche Insel der heutigen „Republik
Marshallinseln“.
Zit. aus Chamissos Werke in fünf Teilen, Band 2,Teil 4, Reise
ım die Welt L, S. 145 der Hempelschen Klassikerausgaben.
LEvi-Strauss C. 1961, Die moderne Krise der Anthropologie.
JNESCO Kurier, 2. Jg., Nr. 11, Nov. 1961, S. 10-15, in ver-
schiedenen Medien nachgedruckt, u.a. in einem Prospekt der
3dition Ethnos des in den 1970er Jahren bedeutenden Verlags
A4eymann in Wiesbaden.
Der referierte Autor blieb dem selbstreflexiven Thema treu:
XogPPING K.-P, 1973. Das Wagnis des Feldforschers zwischen
Athnozentrismus und Entfremdung. Einige persönliche Ge-
Janken zur Ethik in der Kulturanthropologie. In TAUCHMANN K.
(Hg) 1973. Festschrift zum 65. Geburtstag von Helmut Petri
(Kölner Ethnologische Mitteilungen 5). Köln: Böhlau: 258—
270 // — 2005. The Fieldworker as Performative Flaneur:
Some Thoughts of Postmodernism and the Transformation of
Doing Anthropology. Zeitschr. f. Ethnologie 130: 1-22.
Hier flossen erste ethnopsychoanalytische Aspekte in die Ana-
.yse ein, die Wiege der Züricher Ethnopsychoanalyse.
Nachbemerkung aus EDUARD SCHLESIER 1979, Me’udana. Die
impfängnistheorie und ihre Auswirkungen. Curare 2, 2: 97—
104, hier S. 104.
ScHRÖDER E. 2012. Ethnomedizin: Anmerkungen zur frühen
Medizinethnologie in den deutschsprachigen Ländern der
1960er bis 1990er Jahre. Ethnoscripts 14, 2: 145-155.
Jbersicht zu den Fachkonferenzen Ethnomedizin der AGEM
ei; http://www.agem-ethnomedizin.de/index.php/fachkonfe
'enzen-ethnomedizin-seit-1973.htmi
ATHENA MCLEAN & ANNETTE LEIBING (eds) 2007. The Shadow
Side of Fieldwork. Exploring the Blurred Borders between
£thnography and Life. Blackwell.
‚0: Hier besonders der neue Sammelband aus Berlin von BERGER
P., BERRENBERG J., FUHRMANN B., SEEBODE J. & STRÜMPELL C.
(Hg) 2009. Feldforschung. Ethnologische Zugänge zu sozialen
Wirklichkeiten. Berlin: Weißensee.
Ekkehard Schröder, Jg. 1944, studierte Medizin (Kiel, Heidel-
jerg) und Ethnologie und Philosophie (Kiel, Heidelberg, Mainz)
ınd ist Mitbegründer der Zeitschrift Curare und wiederholt ihr
Jerausgeber i.A. der Arbeitsgemeinschaft Ethnomedizin.
Nachtrag zur 26. Fachkonferenz
Ethnomedizin “Stranger and
Friend“, Sankt Augustin 2013’
in diesem Nachtrag werden die Abstracts der Vorträge
n alphabetischer Reihenfolge? dokumentiert, die nicht
m Curare-Themenheft Selbstreflexion im Kontext medi-
zinethnologischer Langzeitfeldforschung®* veröffentlicht
wurden.
WOLFGANG BICHMANN (Frankfurt): International
Public Health, Ethnologie und Medizin. Eine
persönliche Sicht auf den Wandel der Erkennt-
nisinteressen im professionellen Umfeld in den
70er und 80er Jahren und seiner Auswirkungen.
Der neue Diskurs zur „Ethnomedizin“ und „Medizinischen
Anthropologie“ traf in den 70er und 80er Jahren des 20.
'ahrhunderts in Deutschland auf eine medizinkritische Re-
"ormbewegung in der Gesundheitsversorgung, die großen
3influss auf die heute weitgehend abgeschlossene Profes-
;ionalisierung im Bereich „Public Health/Gesundheitswis-
jenschaften‘“ nahm. Im internationalen Bereich gab die
Weltgesundheitsorganisation (WHO) gleichzeitig Emp-
ehlungen zur Strukturreform der postkolonialen Gesund-
ıeitssysteme in Entwicklungsländern, die einerseits Impli-
cationen für Ausbildungsinhalte und Fachkräftebedarf in
Intwicklungsländern beinhaltete, andererseits engagier-
‚en Mitwirkenden in der internationalen Zusammenarbeit
m Gesundheitsbereich als neue entwicklungspolitische
Zichtschnur ihres Handelns im Kontext unzureichender
Zessourcen dienten. Am „Institut für Tropenhygiene und
5ffentliches Gesundheitswesen“ der Universität Heidel-
‚erg wurden diese Trends — parallel zur Entwicklung der
"‚ehre und zur Professionalisierung der Public Health-Be-
rufe in Deutschland — rezipiert und gebündelt und — be-
zogen auf eine Aus- und Weiterbildung von Fachkräften
für eine „Medizin in Entwicklungsländern“ — im interdis-
ziplinären Dialog in ein akademisches Forschungs- und
Lehrprogramm integriert, das durch seine Publikationen
zut dokumentiert ist. Die Förderung des interdisziplinä-
:en Dialogs im „Arbeitsfeld Ethnologie und Medizin“
war dabei zentrales Anliegen. Anhand konkreter entwick-
Jurare 38(2015)1+2: 161-163