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Volltext: Curare, 38.2015

Zur 26. Fachkonferenz Ethnomedizin “Stranger and Friend”, Sankt Augustin 2013 
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Anmerkungen zur 26. 
Fachkonferenz Ethnomedizin 
“Stranger and Friend”, Sankt 
Augustin 2013 
Geschichte zusammengestellt. Habt Nachsicht, Freun- 
de, wenn ich mich vielleicht manchmal wiederhole; 
.ier spreche ich ja von meiner Liebe.“ 
So richtig kam das Thema damals im kleinen 
Kieler Ethnologie-seminar nicht an. 
Nach der unspezifischen vielleicht (emisch-) 
kulturimmanenten Neugier europäischer Jungen an 
den fremden Kulturen, die sich später für das Stu- 
dienfach Völkerkunde interessieren, kam ich in den 
mittleren Studienjahren dann durch den Aufsatz von 
Claude Levi-Strauss „zur modernen Krise der An- 
‘hropologie‘“ zum Nachdenken über ethnologisches 
Arbeiten. Ein Kernsatz darin war: 
„Der Anthropologe muss sich in seinem ganzen Wesen 
wandeln und zugeben, dass es in der Tat logisch und 
moralisch unhaltbar ist, menschliche Gesellschaften, 
die sich als Kollektivsubjekte durchsetzen und daraus 
das Recht ableiten, sich nach Gutdünken zu ändern, 
weiterhin als wissenschaftliche Objekte zu betrach- 
;en. Diese Wandlung des Studienobjekts schließt eine 
Wandlung der Ziele und Methoden in sich ein.“ 
Der Gedanke, dass schon durch den Kontakt 
die Untersuchersituation und insbesondere die des 
Untersuchten und des Untersuchers sich ändern, 
eschäftigte mich seither. Das Einbeziehen des 
Nachdenkens über sich als erkennendes Subjekt, 
wie ich es im Rahmen anamnestischer Übungen im 
Medizinstudium in den Bereichen Psychiatrie und 
Psychosomatik in Heidelberg anfangs erlernte, ließ 
mich dann nicht mehr los, dies umso mehr, weil ich 
mich wie viele für Aufgaben und Tätigkeiten im 
Rahmen der damals so genannten Entwicklungs- 
hilfe interessierte und durch die unterschiedlichen 
stark politisierten postkolonialen Diskurse beson- 
ders motiviert fühlte. Was macht man da eigentlich 
als Ethnologe in einer Felduntersuchung oder als 
Arzt in einem eher frei gewählten Arbeitsfeld, das 
humanitär begründet wird? 
Es gab sie sicher schon immer in der deutsch- 
sprachigen Ethnologie, eine selbstreflexive Strö- 
mung wie auch eine interdisziplinäre Ausrichtung 
des Faches, wenn auch diese beiden Thematiken 
nicht im Mittelpunkt der medialen Präsentation 
des Faches standen wie heute. So hab ich jetzt in 
den aufgehobenen Unterlagen der späteren Main- 
zer Studienjahre ein Referat aus dem SS 1976 zur 
Allgemeinen Ethnologie von E.W. Müller gefun- 
den, in dem Angelica Ensel (heute Hamburg) einen 
ainschlägigen Aufsatz von Klaus-Peter Koepping 
referierte.‘ Und ein Jahr später wurde es mir in ei- 
EKKEHARD SCHRÖDER 
[n diesen Anmerkungen möchte ich mit einem Zi- 
‘at von SJAAK VAN DER GEEST aus den ersten Seiten 
dieses Curare-Heftes anknüpfen (S. 6), in dem er 
die potentiellen Dimensionen der ganz persönlichen 
Beziehung zwischen Feldforschern und Informan- 
ten charakterisiert: “Friendship is a human relation- 
ship in which the other is treated as a complete human 
‚eing. ... We cannot deny it: other people’s misery 1s 
:he food of our profession. Friendship cannot stop us. 
My final opinion is that the biography is both a pro- 
fessional masterpiece and an act of love, the ultimate 
reconciliation between utility and friendship.” 
Ich erinnere mich, dass ich während meines 
Doppelstudiums der Medizin und der Ethnologie 
%üh auf die Reisebeschreibungen von ADALBERT 
VON CHAMISSO aus dem frühen 19. Jh. gestoßen bin, 
die ich in einer selbst gestellten Aufgabe in den ers- 
jen Semestern vortrug. Dabei beeindruckte mich 
Chamissos explizite Würdigung seines damaligen 
Reisegefährten Kadu: 
„Mein Freund Kadu, der [...] sich uns anschloss, einer 
der schönsten Charaktere, den ich je in meinem Leben 
getroffen habe, einer der Menschen, den ich am meis- 
‚en geliebt, ward später mein Lehrer über Radack und 
die Karolineninseln. In meinem Aufsatze ‚Über unsere 
Kenntnis der ersten Provinz des Großen Ozeans‘ habe 
ich seiner, als einer wissenschaftlichen Auctorität, zu 
arwähnen gehabt, und habe dort aus den verstreuten 
Zügen unseres Zusammenlebens sein Leben und seine 
Kadu. 
Chamissos 
Freund und 
Reisegenosse 
aus Radack' 
Jurare 38(2015)1+2: 159-161
	        
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