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SUSANNE RODEMEIER
Herausforderungen bei der Erforschung von Christen
charismatischer Pfingstkirchen auf Java, Indonesien*
SUSANNE RODEMEIER
Zusammenfassung Im Folgenden werde ich an einem Fallbeispiel nachvollziehen, dass Bedingungen, die sich
während einer ethnologischen Forschung entwickeln, eine ständige Methodenanpassung erforderlich machen.
Dabei wird verdeutlicht, dass Forschungsmethoden nur bedingt vorbereitet werden können. Im Rahmen einer
Auseinandersetzung mit dem Forschungsverlauf zeige ich, wie schwierig aber wichtig es ist, das methodische
Vorgehen auch während der Forschung immer wieder auf das Forschungsfeld abzustimmen. Als Fallbeispiel dient
neine jüngste Forschung zu Mitgliedern charismatischer Pfingstkirchen auf Java, Indonesien. Im Zentrum stehen
labei Spezifika der Beziehung zwischen mir als Forscherin und ‚meinem Feld’. Im konkreten Fall von Java musste
auf die spezifische situative Bedeutungsebenen der Javanischen Sprache Rücksicht genommen werden, obwohl
Indonesisch gesprochen wurde. Auch das urbane Forschungsfeld erforderte spezifische Methoden. Darüber hinaus
machte der Druck, den die Informanten durch ihre Missionierungsbestrebungen auf die Forscherin ausübten, ein
besonders einfühlsames Vorgehen notwendig.
Schlagwörter Forschungsmethode — charismatische Christen — Pfingstkirche — Missionierung — Heilung — Java
- Indonesien
Challenges of Ethnographic Research amongst Members of Charismatic Pentecostal Churches
in Java, Indonesia
Abstract Using a recent case study, I will show which realities might demand adjusting research methods during
zvery step of ethnographic field research. I demonstrate that one cannot be equipped with all research methods in
advance. I will proceed via the progression of my own research, why it is necessary to continuously adjust research
methods to the broader situation even if it might be quite difficult. The presented case study is taken from my most
recent research amongst members in charismatic Pentecostal churches in Java, Indonesia. The relationship be-
:ween my informants and me is evaluated, In my case it was necessary to recognize the importance of the cultural
geculiarities of the Javanese language, in spite of the fact that Indonesian was spoken. Also the urban research
field demanded a special methodology. And last, but not least, the pressure, which informants put on the researcher
?y treating her as a possible proselyte demanded an unexpected sensitive approach, which had to be developed.
Keywords research methodology — Charismatic Christians — Pentecostal Church — proselytizing — spiritual heal-
ing — Java — Indonesia
Resume siehe S. 167
Einleitung
Auf der Insel Java in Indonesien führte ich in den
Jahren 2011 bis 2014 eine ethnologische Forschung
zur christlichen Minderheit durch. Schon allein
deshalb, weil ich aus Europa kam, verkörperte ich
für meine Informanten und Informantinnen! christ-
liche Werte. Viele gingen selbstverständlich davon
aus, dass ich Christin bin, ohne Alternativen in
Erwägung zu ziehen. Auch sehr viele Muslime as-
sozileren eine Europäerin zu allererst mit Christen-
(um, das sie sowohl mit kolonialem Erbe als auch
mit dem heutigen Welt-Christentum in Verbindung
bringen. Ähnlich ergeht es seit einigen Jahren in-
donesischen Christen, wenn muslimische Fanatiker
aach Rechtfertigung für ihr feindseliges Verhalten
suchen. Hingegen stellte sich das interreligiöse Ver-
aältnis unter der javanischen Bevölkerungsmehrheit
sehr unvoreingenommen dar. Christen und Muslime
Überarbeitete Fassung des Beitrags „Wechselseitige Zuschreibungen: Herausforderungen bei der Erforschung von Christen auf Java“
auf der Konferenz der DGV (Dt. Ges. für Völkerkunde) mit dem Motto „Verortungen. Ethnologie in Wissenschaft, Arbeitswelt und
Iffentlichkeit‘“, vom 2.-5. Oktober in Mainz, Panel 22.
Zurare 38(2015)1+2; 134-146
VWB -— Verlag für Wissenschaft und Bildung