Digitalisate

Hier finden Sie digitalisierte Ausgaben ethnologischer Zeitschriften und Monografien. Informationen zum Digitalisierungsprojekt finden Sie [hier].

Suchen in

Volltext: Jahrbuch für Volkskunde, 16.1993 N.F.

Das Tischlied als Tischgebet und Beitrag 
zur häuslichen Liturgie* 
Guido Fuchs 
Essen und Trinken und die damit zusammenhängenden Riten und Gebräu- 
che der Menschen und Kulturen stellen für verschiedene wissenschaftliche 
Disziplinen ein wichtiges und interessantes Phänomen dar. Auch die Theo- 
logie kann sich der Bedeutung des Mahles nicht verschließen, wobei die ein- 
zelnen Fächer — etwa Exegese, Pastoraltheologie, Liturgiewissenschaft — je- 
weils andere Schwerpunkte setzen. Leider spielt das Mahl und die damit 
zusammenhängenden Gepflogenheiten für die Liturgiewissenschaft häufig 
nur insofern eine Rolle, als es Ursprung und Vorbild ist für die Eucharistie 
bzw. das Abendmahl?. Nur selten ist das in Familien oder Gemeinschaften 
eingenommene Mahl selbst Thema der Liturgiewissenschaft?. 
Dabei wird, auch in unserer Zeit noch, durchaus betonnt, daß das gemein- 
schaftliche Mahl als Abbild, ja Fortsetzung der Eucharistie zu sehen ist: Es 
»könnte sich manche Familie finden, die die Liturgie der Kirche nicht nur im 
Kirchenraum erlebt, sondern beim gemeinsamen Familienmahl fortsetzen 
möchte«?. Manche Riten, die sich um das Mahl gebildet haben, stammen aus 
der Liturgie oder stehen ihrer Ordnung nahe: das Tischgebet etwa; die in 
Klöstern übliche Tischlesung und die Segnung der verschiedenen Tischdien- 
ste; die Bedeutung und Stellung des Tisches im Raum, auch der Eßraum 
selbst, der nicht selten religiös ausgezeichnet ist; die Ordnung bei Tisch und 
die Ausrichtung des Speiseplanes nach dem liturgischen Kalender. Aus die- 
sem Komplex einer »Tischliturgie«, wie es sie in früheren Zeiten gab, wie sie 
aber auch heute noch manchmal in ländlichen Gebieten oder in religiös auf- 
geschlossenen Kreisen erlebt werden kann, ist oft nur noch das Tischgebet 
übriggeblieben, ja, es bildet nicht selten überhaupt den kümmerlichen Rest 
einer Art Hausliturgie, die einmal den ganzen Tag mit Morgen- und Abend- 
* Referat in der Sektion Volkskunde auf der Generalversammlung der Görres-Gesellschaft in 
Würzburg am 28. 9. 1992. 
1 Stellvertretend sei genannt: KAHLEFELD, HEINRICH: Das Abschiedsmahl Jesu und die Euchari- 
stie der Kirche. Frankfurt a.M. 1980. — JosurTriıs, MANFRED/MARTIN, GERHARD MARCEL 
(Hgg.): Das heilige Essen. Kulturwissenschaftliche Beiträge zum Verständnis des Abend- 
mahls. Stuttgart/Berlin 1980. 
? Eine Studie über Mahlbräuche in Klöstern der Benediktiner und Benediktinerinnen in 
Deutschland wurde unlängst am Lehrstuhl für Liturgiewissenschaft der Universität Würzburg 
als Diplomarbeit eingereicht: ILGEN, DavıD THoMas: Das Refektorium als Ort des gemeinsa- 
men Mahles. Dipl.-Arbeit, Würzburg 1992. 
5 KErRrREMANns, M.-L.: Segne, Vater, diese Gaben. München u.a. ?1986, S. 5.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.