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Volltext: Jahrbuch für Volkskunde, 16.1993 N.F.

Die Idee der musikalischen Volksbildung 
beim Stuttgarter »Ur-Liederkranz«* 
Friedhelm Brusniak 
Seit seinen Anfängen im frühen 19. Jahrhundert stellt das Laienchorwesen 
einen integrierenden Bestandteil lebendiger Musikkultur dar und ist aufs 
engste mit den jeweils herrschenden politischen, gesellschaftlichen und kul- 
turellen Strömungen verknüpft. Als die Geburtsstunden des deutschsprachi- 
gen »volksthümlichen Männergesangs« (OTTo EıLBEn) werden gemeinhin 
die Gründungen der ersten Liedertafel in Berlin im Jahre 1809 durch CArı 
FRIEDRICH ZELTER (1758-1832) und des ersten Männerchores in Zürich im 
Jahre darauf durch HANs GEORG Nägel (1773-1836) angesehen. Die geisti- 
gen Wurzeln der Männerchorbewegung lassen sich allerdings bis in das 
18. Jahrhundert hinein zurückverfolgen. 
Das Beispiel des Stuttgarter Liederkranzes, der als erster diesen Namen 
annahm, lehrt in eindrucksvoller Weise, wie die von HEINRICH PEsTALOZZI 
(1746—-1827)geprägte und von pädagogisch-philanthropischen Vorausset- 
zungen getragene Idee der musikalischen Volksbildung NäGcgus auf frucht- 
baren Boden fiel. Unbeachtet blieb bisher die Beobachtung, daß der Vor- 
schlag für die Bezeichnung »Liederkranz« von dem württembergischen Ho- 
frat CHRISTIAN CARL ANDRE (1763-1831) gekommen war, der selbst als Phil- 
anthrop lange Jahre am SaızmAannschen Institut in Schnepfenthal gewirkt 
hatte. Die neuen Erkenntnisse über die Hintergründe, die Entstehung und 
die Entwicklung des Stuttgarter »Ur-Liederkranz« (DıETER DüpDInG) tragen 
wesentlich zu einer differenzierteren Betrachtung des Begriffs »musikalische 
Volksbildung« im frühen 19. Jahrhundert bei*. 
Bereits vor einigen Jahren kam Peter NıtscHE aufgrund intensiver Stu- 
dien zu dem Schluß, daß die ZeLTERsche Liedertafel »ohne Zweifel eine In- 
stitution war, die der Konstituierung einer konservativ gesinnten Führungs- 
schicht diente, die stark von Beamten geprägt war, aber kein konservativ-eli- 
tärer Zirkel«?. Hatte bei Carl Friedrich Zelter die Erfahrung mit dem »Co- 
* Referat in der Sektion Volkskunde auf der Generalversammlung der Görres-Gesellschaft in 
Würzburg am 29. 9. 1992. 
ı Einem ausdrücklichen Wunsch des Sektionsleiters Prof. Dr. WOLFGANG BRÜCKNER folgend 
werden zunächst die wichtigsten Abschnitte über den Stuttgarter Liederkranz aus dem histori- 
schen Teil meines »Das große Buch des Fränkischen Sängerbundes« (München 1991) wieder- 
gegeben. Der vollständige Text findet sich dort auf den Seiten 29-39. Verständlicherweise 
mußte der umfangreiche Anmerkungsapparat (S. 241) für die vorliegende Fassung auf das 
Nötigste beschränkt werden. 
? NıtscHhe, PrrTer: Die Liedertafel im System der Zelterschen Gründungen. In: DAHLHAUS,
	        
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