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Volltext: Jahrbuch für Volkskunde, 16.1993 N.F.

Oliva Wiebel-Fanderl 
Eine lästige Konkurrenz waren die nebenberuflichen Musikanten auch 
den Thürmern, wie z. B. eine Beschwerde des Stadttürmers JOHANN NEU- 
MAIR von Aichach zeigt, Die beklagten Musikanten wehrten sich gegen die 
Anklage des Stadttürmers, und legten dar, sie könnten nichts dafür, wenn 
die Wirte den Stadttürmer nicht haben wollten. Dies zeigt einen weiteren 
Faktor im harten Kampf um das tägliche Brot: nämlich die Wirte. Die Wirte 
wurden bisher in der volkskundlichen Festforschung viel zu wenig beachtet. 
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Resümee 
Lebenssituationen von Musikanten sind in Abhängigkeit von herrschaftli- 
chen, ökonomischen und kulturellen Bedingungen zu sehen. Dabei ist zu be- 
achten, daß Musikant nicht gleich Musikant ist. Es ist zu differenzieren ZwI- 
schen Bettel-, Freizeit- und Berufsmusikanten, gleichzeitig aber zu beden- 
ken, daß die Grenzen hier fließend sind. Mit den bisher verwendeten Quel- 
len schwer zu erfassen waren die Freizeitmusikanten, die neben ihrer Ar- 
beitszeit, nicht wegen Arbeitsmangel und wirtschaftlicher Not, sondern auf- 
grund ihrer Freude an Musik und Geselligkeit einen Teil ihrer Zeit mit Sin- 
gen und Musizieren verbrachten. 
Die Mehrheit der quellenmäßig belegten Musikanten rekrutierte sich aus 
jenen unterbäuerlichen Schichten, die ihr Einkommen bzw. ihr Auskommen 
aus vielerlei Quellen bestreiten und die am untersten Ende der gesellschaft- 
lichen Hierarchie angesiedelt, die Auswirkungen der ökonomischen Krisen 
am stärksten zu spüren bekamen. Es war die Welt der ländlichen Handwer- 
ker und der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte mit keinem oder nur gerin- 
gem Haus- und Bodenbesitz. Für die Besitzlosen war Vielseitigkeit einer der 
ihnen möglichen eigenständigen Versuche des Krisenmanagements in einer 
Zeit, in der man oft nicht wußte, wie man morgen satt werden sollte. Unter 
den Handwerkern machen vor allem jene Musik, die die größte Konkurrenz 
in ihrem Gewerbe hatten. Die Ausübung von Musik war also eng verknüpft 
mit wirtschaftlicher Not. Dies mußte Auswirkungen auf die Volksmusik ha- 
ben. Nutzlose, im Sinn von nichtgewinnbringende Musikpflege konnten sich 
die in den Pflegamtsrechnungen zu erfassenden Musikanten meistens nicht 
erlauben, obwohl es diese Schicht, wie etwa die Beispiele Kirchenmusik und 
Gemeindetheater belegten, sicher auch gab. 
Berufsmusikanten lassen weniger Sinn für die Pflege überlieferter Musik 
vermuten als Freizeitmusikanten. Für diejenigen, die mit Musik Geld verdie- 
nen wollten, war es wichtig, sich dem Geschmack des Publikums anzupassen 
und immer die neuesten Gassenhauer zu kennen. Auch auf dem Bereich der 
32 Vgl. STA München RA F. 1404 Nr. 21263.
	        
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