Faust- und Teufelskruzifixe
Margaretha Palzkill
Die Sendung »Kunst und Krempel« des Bayerischen Fernsehens fördert immer wie-
der Stücke zutage, die auch Wissenschaftlern in Museen trotz reicher Materialkennt-
nis zunächst Rätsel aufgeben und Anstoß für Nachforschungen bilden. Aus einer sol-
chen Situation heraus ist folgende Expertise entstanden. Bei der Aufzeichnung der
Sendung in Landshut stellte eine Familie aus Neumarkt in der Oberpfalz ein Ge-
mälde des Gekreuzigten mit der Bitte um ikonographische Zuordnung, Datierung
und Herkunft vor. Spätere Recherchen bestätigten die spontane Vermutung, es
könne sich um ein sog. Faust- oder Teufelskruzifix handeln.
Teufelsbündner- und Faustkruzifixe gehören zur Gruppe der bildlichen Darstellun-
gen, die, folgt man der mit ihnen verknüpften legendarischen Überlieferung, nicht
von Menschenhand gemalt worden sein sollen. Im Fall der Teufels- bzw. Faust-
kreuze soll der Teufel Urheber des Bildes gewesen sein. In der Literatur erwähnt sind
rund fünfzehn solcher, ins 18. und 19. Jahrhundert zu datierende Kruzifixe, die vor-
wiegend aus dem süddeutsch-österreichischen Raum stammen. Eine zusammenfas-
sende, systematische Darstellung des Themas fehlt. Neben einigen sehr kurzen Auf-
sätzen, die jeweils auf ein neu entdecktes Faust- oder Teufelskruzifixe aufmerksam
machen wollen!, gibt es lediglich zwei umfänglichere Abhandlungen aus den 30er
bzw. 40er Jahren, die den Hintergrund des Teufels-/Faustmotivs aufarbeiten?
In Bildgestaltung und -ausdruck sind sich Teufels- und Faustkruzifixus sehr ähn-
lich. Ob es sich bei einem Objekt um das eine oder aber das andere handelt, ist daher
nicht immer zu entscheiden. Einziges sicheres Kriterium der Unterscheidung kann
eine von Fall zu Fall angebrachte Bildlegende bzw. -unterschrift sein, die es eindeutig
als Faustkreuz ausweist, so bei den Stubaier Fresken und dem Gemälde des Bayeri-
schen Nationalmuseums München (BNM). Bei allen anderen, sozusagen unkom-
mentierten Objekten, ist eine unstrittige Zuordnung wohl nicht möglich. Unter-
schiedlich ist die mit dem jeweiligen Bildtypus verbundene legendarische Tradition.
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2 MeEıeRr, JoHn: Die älteste Volksballade von Dr. Faust. In: Jb. f. Volksliedforschung 6 (1938),
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KRETZENBACHER, LEOPOLD (Hgg.): Volk und Heimat. FS VicTor von GErAMB. Graz/Salzburg/
Wien 1949, 5. 221-243